Zoom me up, Scotty

Die letzten Wochen des ersten reinen Online-Semesters brechen an. Und ich muss sagen: zum
Glück. 2020 schafft mich. Hatte ich doch nie ein Problem mit FOMO, der sogenannten „Fear Of
Missing Out“, bin ich 2020, dem einzigen Jahr, in dem die Welt still steht, vollkommen gestresst.
Ständig wandert mein Blick auf die sozialen Medien, in denen Jungs und Mädels teilen, wo sie
heute vor einem Jahr waren. Vor einem Jahr war mein Leben genauso wie es aktuell ist und
gestört hat es mich nicht. Nun muss ich mich für eine gewisse Zeit einschränken und siehe da, ich
drehe ab. Perfektes Timing. Da kam mir das Online-Semester sehr gelegen. Die romantische
Vorstellung die Quarantäne mit dem Schreiben von Hausarbeiten und Exposés zu verbringen, in
der Hoffnung, es würde mir schneller über die Zeit der Corona-Maßnahmen hinweghelfen, ist
rückblickend auch etwas naiv gewesen. Denn nun sitze ich hier und habe so viele Deadlines, dass
ich mich vor Abgabestress kaum noch retten kann. Und die Zeit vergeht auch nicht schneller.
Mich dünkt, ich habe einen schlechten Deal gemacht.
Der Tatsache geschuldet, dass ich die letzten Semester nicht viel in der Uni war, wollte ich dem
Ganzen ein Ende setzen und das digitale Semester nutzen, um die noch fehlenden Kurse vor dem
Bachelor aufzuholen. Was für ein Fehler. Denn das, was man sich an Fahrtzeiten zur Uni spart,
hole ich mir nun elegant durch doppelten Arbeitsaufwand für die aktive Teilnahme wieder rein.
Eine Präsentation hier, ein kurzer Essay dort und überall ständig diese kleinen schriftlichen
Antworten, die man zu jedem Text einreichen soll. Dafür, dass ich am Anfang noch so ambitioniert
war und stets jede freie Minute genutzt habe, um mich auf die Online-Kurse vorzubereiten, hat
mich meine Motivation doch recht schnell verlassen. Spätestens, als ich entdeckt habe, dass man
ja nicht mal wirklich aktiv anwesend sein muss, um an solchen Online-Kursen teilzunehmen,
schlich sich mein altbekanntes Prokrastinations-Muster wieder ein. Ein ausgeschaltetes Mikro in
Kombination mit einer deaktivierten Kamera stehen symbolisch für meine letzten drei Jahre an der
Uni. Wie war das noch? Ein gutes Pony springt nur so hoch, wie es muss? Nun, in diesem Fall bin
ich ein olympisches Pony.
Ich habe mir nie viel aus der Uni gemacht. War immer ein kleiner Hänger, der seine Zeit lieber fürs
Schreiben oder Schwärmen von einer Zeit nach dem Studium genutzt hat. Was passiert also,
wenn diese Einstellung auf ein Online-Semester trifft, dass zu 80 % auf ein Selbststudium
ausgelegt ist? Sagen wir so, Stand jetzt habe ich noch 90 Texte zu lesen, die ich theoretisch
schon die letzten Wochen hätte gelesen haben sollen und eventuell relevant wären, um mich gut
auf meine bevorstehenden Hausarbeiten vorzubereiten. Aber das soll nicht mein Problem sein.
Darum wird sich Zukunfts-Janna kümmern, wenn sie mit Tränen in den Augen vor den Scherben
des Semesters steht.
So sehr ich es auch feiere, dass ich mir die 50 Minuten Ring- und U-Bahn zur Uni sparen kann, so
sehr freue ich mich auch darüber, dass ich nächstes Semester nur noch den Endgegner
Bachelorarbeit bezwingen muss. Sollte die Zeit an der Uni doch die schönste Zeit des Lebens
sein, war sie für mich bisher im Prinzip auch nicht viel anders als die Zeit am örtlichen
Gymnasium. Der einzige Unterschied liegt darin, dass man halt mehr als dieselben 30 Pappnasen
sieht, denen man sich zu Schulzeiten aussetzen musste. Doch ich will nicht undankbar dem
Semester gegenüberstehen. Hat es mir doch geholfen, dass ich jetzt drei verschiedene Video-
Call-Programme auf meinem Rechner installiert habe und nun Experte darin bin, wie man per
Greenscreen-Funktion einen 5-Sekunden-Lacher generieren kann. Also Leute, in diesem Sinne:
Wir haben es bald geschafft und es kommen auch wieder Zeiten, in denen wir uns das Essen in
der Mensa schmecken lassen können. Bis dahin findet ihr mich online. Also: Zoom me up, Scotty!

Text und Bild: Janna Meyer

Vaginismus – „Mein Problem gibt es übrigens!“

Ich habe mit einer jungen Frau über ihren Vaginismus gesprochen. Sie hat mir aus ihrem Leben erzählt. Davon, was sie mittlerweile über ihr „Problem“ weiß und was es sie zurück gelehrt hat.

Wie erklärst du anderen Menschen deinen Vaginismus so, dass es sich für dich korrekt anfühlt?

Krankheit ist schwierig, Störung ist auch ein sehr negatives Wort. Oft sage ich, ich habe ein Problem. Im Grunde ist das Problem eine Verkrampfung der Scheidenmuskulatur, wodurch sich Penetration sehr schmerzhaft anfühlt oder sogar gar nicht möglich ist. Als ich entdeckt habe, dass ich betroffen bin, gab es dazu nichts im Internet. Ich habe erst sehr spät erfahren, dass es überhaupt einen Begriff dafür gibt.

Die ersten sexuellen Erfahrungen sind in der Jugend meistens ein großes Thema. Wie bist du damals damit umgegangen?

Ich habe damals kaum mit Freunden darüber gesprochen. Mit etwa 18 Jahren war ich in meiner ersten Beziehung, die über ein Jahr ging. Ich habe nie jemandem gesagt, dass penetrativer Sex bei uns nicht funktioniert hat. Ich hatte immer das Gefühl, dass das nicht sein kann und hatte Angst, von meinen Freunden als seltsam abgestempelt zu werden. Dann habe ich mich an meine Frauenärztin gewandt. Sie kannte das Problem bzw. Vaginismus nicht und gab mir den Ratschlag, ich solle einfach versuchen zu entspannen und müsse vielleicht einfach mehr Vertrauen zu meinem Partner aufbauen. Einmal meinte sie, ich solle es mal mit einem Schluck Wein zur Entspannung versuchen.

Das ist wirklich eine fragwürdige Methode, gab es weitere solcher kurioser Vorschläge?

Ja, aber das habe ich aber tatsächlich schon von mehreren Frauen gehört. Meine Ärztin meinte, ich solle mit Tampons und meinem Finger üben, was natürlich auch schwierig war, weil ich da ja gar nicht reinkam. Von anderen Frauen habe ich gehört, dass ihnen geraten wurde, mit Dildos zu üben. Das alles war in Anbetracht dessen, dass es sich ja um eine körperliche Reaktion handelt, die man erst mal nicht kontrollieren kann, nicht besonders hilfreich. Ich hatte damals das Gefühl, da wird etwas auf meine Persönlichkeit abgewälzt, was ich gar nicht bin. Ich habe mich selbst immer als entspannten, fröhlichen Menschen wahrgenommen. Deshalb fand ich es auch super schlimm, dass ich von anderen als verkrampft gesehen werde aufgrund von etwas, das ich mir selbst gar nicht erklären kann.

Gab es damals so etwas wie einen Schlüsselmoment wo du dir klar wurde, dass es eben genauso nicht ist?

Ich habe irgendwann aufgehört, überhaupt darüber zu sprechen. Die Ratschläge meiner Frauenärztin haben mir nicht geholfen. Egal wie entspannt ich war und wie viel Vertrauen ich in meinen damaligen Partner hatte, es hat sich nichts geändert. Nach dem Abitur war ich im Ausland, dort habe ich erstmal unbewusst versucht, allem aus dem Weg zu gehen, was irgendwie mit Sexualität zu tun hatte. Ich habe mein Problem verdrängt. Als ich wieder zurück war und ein Studium begonnen hatte, kam es seit langer Zeit mal wieder zu einer Situation, in der ich mit einer Person intim werden wollte. Da wurde ich plötzlich wieder extrem damit konfrontiert. Ich war auch wegen der einseitigen Ratschläge meiner Frauenärztin davon ausgegangen, dass die Verspannung ein mentales Problem war, dass etwas mit meiner Beziehung zu tun haben musste. Deswegen dachte ich wohl irgendwie, dass sich das nach all der vergangenen Zeit vielleicht einfach von selbst gelöst hätte. Dem war aber nicht so. Vor dem Schlüsselmoment gab es dann also erst mal diesen Schockmoment.

Und wie bist du dann damit umgegangen?

In einer zufälligen Situation hat mir eine junge Frau von ihren Problemen mit Penetrationssex erzählt, ohne dass sie wusste, dass ich dasselbe Problem habe. Wir kannten uns kaum und das war irgendwie super krass in dem Moment, weil ich gesehen habe wie offen sie darüber spricht. Sie war eine sehr lebensfrohe, selbstbewusste Person und wirkte in keiner Weise verkrampft. Sie wusste auch nicht, was Vaginismus ist, aber wir haben lange über unsere Erfahrungen gesprochen und festgestellt, dass sie sehr ähnlich sind. Durch diese Begegnung habe ich gemerkt, wie sehr es mir hilft, darüber zu sprechen. Auch wenn es anfangs schwerfiel, habe ich das dann auch immer mehr getan. So habe ich auch mehr von Frauen erfahren, die von ähnlichen Problemen betroffen sind. Zu diesem Zeitpunkt war ich 21 Jahre alt. Über eine Freundin erfuhr ich dann von einem Kurzfilm über das Thema Vaginismus. Sie hat mir den Trailer gezeigt und ich musste total weinen, das hat echt etwas in mir gelöst. Es war das erste Mal, dass ich ein Wort dafür hatte. Dann habe ich einen Artikel darüber gefunden, den ich erst mal allen meinen engen Freund*innen geschickt habe. Die waren auch erstaunt darüber. Für mich war das ein kompletter Plot Twist. Ich konnte sagen „mein Problem gibt es übrigens!“.

Das war bestimmt ein sehr befreiender Moment. Wenn man so persönliche bzw. intime Probleme benennen kann, erleichtert das auch darüber zu sprechen?

Ja total, das hat mir echt eine Last abgenommen. Ich hatte das Gefühl endlich weiter zu kommen. Ich hatte etwas gefunden, wie ich mich erklären konnte.

Erschreckend, dass dir auf diesem Weg keine Ärzt*innen weiter helfen konnten.

Ich habe mir einige Artikel dazu durchgelesen und auch Ärzt*innen darauf hingewiesen. Dennoch habe ich nie die Diagnose „Vaginismus“ bekommen. Auch die Behandlung habe ich mir durch den Kontakt mit anderen Betroffenen komplett selbst erschlossen, dazu habe ich keine Beratung bekommen. Ich habe mir ein Set mit Dilatoren in verschiedenen Größen bestellt und damit angefangen zu „üben“. Bald schaffte ich es, den allerkleinsten, der etwa Tampongröße hatte, einzuführen. Dann ging es langsam auch mit den größeren Dilatoren immer besser. Vaginismus ist sehr wenig erforscht und es gibt viele Frauen, die nie darüber sprechen, weil sie sich dafür schämen – deshalb ist er wahrscheinlich auch vielen Ärzt*innen unbekannt.

Gibt es unterschiedliche Formen und Ausprägungen von Vaginismus?

Ja, grundsätzlich unterteilt man zwischen primärem und sekundärem Vaginismus. Primär bedeutet, dass das Problem im Prinzip schon von Geburt an da war. Viele merken das dann zum ersten Mal beim Versuch Tampons zu verwenden. Der sekundäre „erworbene“ Vaginismus entsteht später, oft ausgelöst durch traumatische Erlebnisse wie Vergewaltigungen aber auch zum Beispiel nach Geburten. Schon seit Längerem bin ich in einem Austauschforum für Betroffene aktiv. Dort werden die verschiedensten Geschichten erzählt. Eine Frau erzählte, dass sie in ihrer Beziehung zu Beginn ganz „normal“ Geschlechtsverkehr haben konnte, bis es dann nach ein paar Monaten gar nicht mehr ging – ohne, dass es einen klaren Auslöser gegeben hätte.

Du hast vorhin kurz durchklingen lassen, dass du selbst einen Blog zu dem Thema gründest, in dem betroffene Frauen über das Thema schreiben.

Es gibt bereits ein paar gute Plattformen zum Austausch. Zum Beispiel eine internationale Facebook-Gruppe wo sich Betroffene verbinden können. Über eine weitere deutsch-österreichische Facebook-Gruppe mit knapp 100 Mitgliedern habe ich nun Kontakt zu einer Frau aus Wien aufgenommen die auch eine Selbsthilfegruppe für Frauen mit Vaginismus gegründet hat. Gemeinsam mit ein paar anderen Frauen möchten wir nun einen Blog gründen. Ich hoffe das klappt, denn ich merke, dass es auch für andere sehr wichtig ist, darüber sprechen zu können. Viele betroffene Frauen hatten überhaupt keinen Zugang zu Informationen für Behandlungen oder Kontakt zu anderen Betroffenen, als sie ihren Vaginismus entdeckten. Jetzt wollen wir vermeiden, dass sich noch mehr junge Mädchen so fühlen, als seien sie mit ihrem Problem allein auf der Welt.

Das ist jetzt noch mal eine sehr persönliche Frage. Wie gehst du damit heute damit um, wenn du mit Menschen intim wirst?

Das ist immer noch sehr schwierig, weil es auch Situationen sind, in denen man sich oft generell sehr verletzlich fühlt. Ich versuche Situationen zu meiden in denen ich mich von einer anderen Person unter Druck gesetzt fühle und nicht wirklich ehrlich sein kann. Ich muss mein Problem auf jeden Fall immer zur Sprache bringen und das erfordert natürlich Überwindung. Meistens versuche ich erst mal herauszufinden, ob die Person schon einmal von Vaginismus gehört hat. Ich habe das Gefühl, was das angeht ist in den letzten zwei Jahren viel passiert. Das Thema wird ja auch in bekannten Serien, wie zum Beispiel Sex Education oder auch Unorthodox angesprochen. Für die meisten ist es dennoch ein komplett unbekanntes Ding – und das macht es schwer, zu erklären.

Was hilft dir im Umgang damit am besten?

Am meisten geholfen hat mir eigentlich die Erkenntnis, dass ich nicht alleine bin mit meinem Problem, dass es viele Betroffene gibt, und dass es überwindbar ist. Wichtig ist, in Ruhe mit den Dilatoren zu üben und zu wissen, worauf man wie reagiert, sich keinen Druck zu machen, wenn das „Training“ mal nicht klappt und sich die Zeit zu nehmen, die man braucht. Selbst- und Fremdkontrolle spielt da auch eine große Rolle. Ich habe auch von Frauen gehört, die das Dilatorentraining mit ihrem Freund zusammen gemacht haben, um auch zu lernen, die Kontrolle abzugeben. Auch Atemtechniken können helfen.

Viele Frauen haben ein ziemlich entfremdetes Verhältnis zu ihren Geschlechtsorganen bzw. haben sich einfach nie wirklich damit vertraut gemacht. Glaubst du das unser gesellschaftlicher Umgang mit dem Thema eine Rolle dabei spielt?

Ja, ich denke schon. Dennoch gibt es auch in dieser Hinsicht sehr aufgeklärte Frauen, die das Problem trotzdem haben. Es ist also nicht davon abhängig. Ich erinnere mich aber daran, dass wir Biounterricht nichts über die Funktion der Geschlechtsorgane gelernt haben, nur eben wie sie beschriftet werden. Oft wird die eigene Vagina wie ein verbotener Bereich behandelt mit dem man sich als Frau nicht beschäftigen soll, der aber doch ein Teil des Körpers ist. Als ich mit meiner Frauenärztin damals darüber gesprochen habe, weiß ich noch wie unangenehm mir das war und dass ich mir als ich zu Hause geübt habe öfter gedacht habe „Das ist total komisch, was ich mache“ was eben auch zeigt wie krass tabuisiert das Ganze ist.

Auch Männer wissen zu wenig über die weibliche Sexualität. Warum lernt man im Sexualunterricht eigentlich nicht wie man guten, sicheren Sex hat? Würde das Leben enorm erleichtern, haha. Naja back to topic, hast du zum Abschluss vielleicht noch ein paar Tipps zu Inhalten, die du empfehlen kannst, um sich mit der Thematik weiter auseinander zu setzen oder auch für Frauen die Hilfe suchen?

Ja, total haha. Und ja klar! Erstmal die beiden Serien Sex Education und Unorthodox. Dann gibt es gibt eine sehr gute und ehrliche Folge des YouTube-Kanals „auf Klo“ zu dem Thema. Bzgl. Accounts und Plattformen gibt es auch schon Einiges: Eine Bekannte von mir hat den Instagram Account (vaginismus.hilfe) erstellt. Die Facebook-Gruppe von der ich vorhin gesprochen habe, heißt „vaginismus support group“ Darüber können sich z.B. Betroffene mit anderen Betroffenen verbinden die in der Nähe sind, und auch über Behandlungen austauschen. Außerdem gibt es die Instagram Accounts invisible.wall.vienna und pelvic_flawless. Die meisten Accounts sind noch sehr jung, aber es kommen immer mehr dazu! Diese Entwicklung freut mich sehr, und ich hoffe, dass sich in Zukunft weniger Mädchen wie Aliens fühlen und mehr Informationen zum Thema finden, als ich damals.

Text: Katha von Sterni

Illustration: @marydoesartstuff

STAUNT – Chemnitz zeigt Haut!

Staunt-Festival

Die die charakteristisch griesgrämige Chemnitz-Visage haben wir alle mittlerweile bestens drauf – aber habt ihr schon mal versucht aktiv zu Staunen?

Vom 16 – 19 April zieht das STAUNT-Festival durch die verschiedenen Viertel der Stadt. Vom Zentrum über den Sonnenberg, den Kaßberg und den Brühl. An jedem der vier Tage liegt der Fokus auf einem anderen Stadtviertel. Das Ziel: die freie Kulturszene dort ausziehen und Menschen unterschiedlicher Gesellschaftsblasen und Generationen anziehen. Die Stadt lässt ihre mysteriösen Hüllen fallen und zeigt, was sie sonst gerne versteckt, solange man nicht aktiv danach fragt. Es wird kontrastreich und spannend!

Das Festival ist ein Projekt der Bordsteinlobby

Vor etwa einem halben Jahr haben wir uns das erste Mal mit diesen lieben Menschen getroffen und sie zu ihren Zielen und Visionen gelöchert.

„Chemnitz ist keine Stadt, in der einen alles anspringt – man muss sich selbst einladen. Das möchten wir den Menschen erleichtern, die nicht die Energie, Zeit und Motivation dazu haben.“

„Chemnitz findet sehr dezentral statt, es gibt nicht diese eine Straße in der sich nachts 800 Leute tummeln. Wir haben uns gefragt, wie man es schafft, das offen zu legen.“

„Es geht darum, darüber zu staunen was es hier gibt, sich zu verbinden und Mobilität zwischen den Stadtvierteln herzustellen.“

„Wir möchten Konsumieren und Partizipieren mit einander verbinden – Fußspuren hinterlassen, die anderen den Weg weisen.“

Eine Übersicht der einzelnen Veranstaltungsorte sollen auf einer digitalen kulturellen Stadtkarte sichtbar gemacht werden, die auch in Zukunft abrufbar bleibt und erweitert werden soll. Die Dezentrale – ein Informationsstand auf Rädern – begleitet das Festival durch alle Stadtteile. Für das extra Plus an Euphorie sorgen Küfa und Kekse!

Safe the date Leute! – das Festival ist eine super Möglichkeit, neue Lieblingsorte in der Stadt zu entdecken!

Hier ein paar Spoiler zum Programm

Sonnenberg (17.04.20):

Fritz Theater Stück „Clownocchio“ – ein Clownsmärchen (Komplex Theater, Vormittag): Pepeto und Immobile sind zwei Clowns, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Pepeto geht jeden Morgen brav in die Schule, während Immobile es vorzieht den lieben langen Tag in seiner Kiste herumzufaulenzen. Eines Tages kommt Pepeto mit einer besonderen Hausaufgabe nach Hause. Er soll eine Marionette basteln, nur leider ist Pepeto handwerklich nicht so geschickt. Also beschließt er kurzer Hand, Immobile als Marionette einzusetzen und ihn als selbstgemachte Puppe der ganzen Klasse vorzuführen. Was meint ihr, wie Pepeto erstaunt ist, als im plötzlich eine lange Nase wächst und Immobile tatsächlich zu einer Marionette wird? Und so befinden sich die beiden mitten in der Geschichte des hölzernen Bengele Pinocchio. Pepeto und Immobile müssen erkennen, dass Faulheit, Lügen und Ungehorsam nicht ungestraft bleiben. Aber da die beiden, bei allem Eigensinn, doch das Herz am rechten Fleck haben, gelingt es ihnen, wieder zwei ganz normale Clowns zu werden, die vielleicht ein Stück erwachsener geworden sind.

Druckworkshop im FabLab Chemnitz Nachmittag (3D Druck, T-shirts und Co. bedrucken)

Stadtteilspaziergang zum Thema Nachhaltigkeit über den Sonnenberg von Rene Bzdok (Stadtteilmanager)

Kaffeesatz: Vorstellung der Stammtische die sich im Kaffeesatz treffen (z.B. Fotografie-Stammtisch)

 

Kaßberg (18.04.20):

Frühstücksbrettchen Aufwertung im Holzkombinat (im neuen Gebäude auf der Schiersandstraße) mit Frühstück, 08-10:00)

Keramikworkshop im Stadtteilgarten Bunte Erde auf dem Kaßberg (16-18:00, mit Anmeldung): In der Keramikwerkstatt können die BesucherInnen unter Anleitung eines portugiesischen Keramik-Künstlers schöpferisch tätig werden. Sie können Mosaiken und Fliesen aus Ton herstellen. Die Werke können als kleine Insektenhäuser, Pflanzschilder oder als Wandschmuck verwendet werden. Alle Objekte werden später in der Werkstatt des Künstlers gebrannt, glasiert und nochmals gebrannt. Danach können die kleinen Werke im interkulturellen Garten abgeholt werden.

Lampion Upcycling Workshop – mit Donna Quijote (17-20:00): Mit den unterschiedlichsten Materialien wollen wir kleine und große Lampions und Leuchtobjekte bauen und basteln. Gemeinsam mit „Donna Quijote“ recyclen wir aus Dingen die sonst weggeschmissen werden. Objekte, um die Stadt zum Leuchten zu bringen. Mit Tischkicker, Tischtennisplatte, Musik und leckerem Essen lädt der frühe Abend im Haus Arthur nicht nur zum Basteln, sondern auch zum Verweilen ein. Ein Workshop für Alle egal ob klein oder groß, jung oder alt. Der Workshop ist umsonst.

Lampionumzug „Irrlichter auf dem Kaßberg“: Nachdem sich die Dunkelheit über Chemnitz gelegt hat, der Workshop vorbei ist und die Lichterketten, Leuchten und Lampen angeschaltet sind, wollen wir uns auf einen Spaziergang begeben. Mit euren Upcycling-Lampions, Leuchtobjekten und auch gern mitgebrachten Laternen erhellen wir die Wege mit bunten Lichtern. Auf dem Weg begegnet uns Straßenkunst und überraschende Aktionen die uns zum staunen bringen. Der Umzug ist für Alle egal ob klein oder groß, jung oder alt. P.S. Alle die nicht beim Lampion-Basteln dabei waren, können sich gernmit eigenen Lampions anschließen.

Nach dem Umzug: Konzert im Aaltra mit der Band Sound of Amarula

 

Brühl (19.04):

Dialogbazar mit den Buntmacher*innenAnregende Gespräche, unerwartete Begegnungen, Spiel und Spaß für euer A und O – das erwartet euch auf dem Dialogbazaar in der Staunt-Variante der Buntmacher*innen. Und dazu reichen wir natürlich Kaffee und Kuchen mit Überraschungseffekt. Dieser soll euch aber nicht sprachlos machen, denn im Austausch eröffnen sich neue Erfahrungen, Perspektiven und Ideen. Also kommt vorbei und mit uns oder miteinander ins Gespräch!

Snacks, Beuteldruck und Länderquiz mit dem Agiua e.V.

Aktion mit dem Natürlich Kreativ – Dein Projektladen

Streetart-Wall (10-18:00): Staunende Monster erobern die Stadt! Geschaffen werden sie von euch, auf Wunsch mit unserer Unterstützung. Neben Wandflächen zur freien Gestaltung stellen wir euch Spraydosen, Pinsel, Stifte, Stoffe und diverse andere Materialen zur Verfügung und helfen euch auch gerne eure Fantasien auf dem Brühl zum Leben zu erwecken.

 

Text: Katha von Sterni

Titelbild und Programm: Bordsteinlobby 

Ein Lied von Eis und Feuer. Droht uns eine lange Nacht?

Warum schauen wir Game of Thrones, wenn wir in der Realität als Helden gebraucht werden? Dabei ist die Fantasiewelt um Westeros eine ziemlich treffende Metapher für das Dilemma der Menschheit in der Klimakrise. Dieser Artikel erklärt, warum. (Gastartikel von Lilian. Bild: Desktop Nexus)

— Achtung: dieser Artikel enthält Spoiler zu der Serie Game of Thrones —

Das Jahr 2019 war bisher ein turbulentes Jahr, das dürften wir so ziemlich alle bemerkt haben. Die politischen Präferenzen vieler Menschen haben sich komplett gedreht. Die Ergebnisse der Europawahlen fallen von jeglichen Erwartungen ab. Innerhalb weniger Monate gehen in Deutschland immer größere Teile der von älteren Generationen häufig als äußerst ,,unpolitisch‘‘ bezeichneten jungen Menschen auf die Straße. Sie sind wütend. Sie sehen nicht ein, warum sie in die Schule gehen sollten, wenn so ziemlich jeden Tag neue Hiobsbotschaften bezüglich der Klimakrise in den Nachrichten auftauchen. Sie sind wütend angesichts eines Haufens von immer weiter in leeren Versprechungen redenden Politikern. Es scheint ein Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit zu geschehen. Es ist nicht mehr an der Zeit, eine sich seit langem anbahnende Katastrophe weiter zu ignorieren. Das Prinzip ,,macht euch die Erde untertan‘‘ funktioniert nicht mehr. Es wird immer schwieriger, die Situation schönzureden. So zu tun, als sei das alles nicht so dramatisch. Angesichts Millionen junger Menschen, die, inspiriert von einem sechzehnjährigen Mädchen aus Schweden, nicht aufgeben möchten um ihre Zukunft zu kämpfen. Es ist keine dieser politischen Debatten, die eben mal ein paar Monate überall in den Medien auftaucht und dann wieder abflaut. Es ist etwas Neues, womit unsere Gesellschaft noch keinen angemessenen Umgang gefunden hat. Denn wir alle müssten, wie es aussieht, ein mächtiges Stück unserer Freiheit aufgeben, um die größte Herausforderung, die der Menschheit je gegenüberstand, gemeinsam zu bekämpfen. Wir kämpfen damit nicht unbedingt für uns selbst, sondern vor allem für die kommenden Generationen. Es wird unbequem. Deswegen scheint sich die Gesellschaft langsam, aber bestimmt aufzuteilen in die, die ,,for future‘‘ auf die Straße gehen – und die, die eine kommende Katastrophe so gut es geht ignorieren.

Die Flucht vor der Realität ist ein Grundbedürfnis von Menschen und ging selten so einfach wie heute. Mit Serien, zum Beispiel. Es scheint paradox, wie ein ganz anderes Thema so viele Menschen dieses Jahr schwerst beschäftigt hat: die achte Staffel von Game of Thrones. Ab dem 15. April diesen Jahres in Deutschland ausgestrahlt. Ungefähr 90 Millionen US Dollar teuer. In den Monaten davor kursierten etliche Fantheorien über den Fortgang der Serie im Internet, und auch als nicht-Fan kam man bald nicht mehr daran vorbei, alles über die aktuelle Handlung zu wissen. Denn egal ob in der Mensa, beim Kaffeetrinken, beim Supermarkt an der Kasse oder in der Bahn, ständig bekam man Diskussionsfetzen um die Ohren gehauen. Die finale Staffel war für viele Game of Thrones Anhänger von so hoher Wichtigkeit, dass eine Petition für ein Remake von hunderttausenden Fans unterzeichnet wurde. Da fragt man sich doch schon manchmal, ob dieses Engagement so vieler Menschen nicht irgendwie an anderer Stelle eher gebraucht würde. Immerhin handelt es sich um eine komplett fiktive Welt, über deren Wendungen sich die Leute da so extrem aufregen – dabei gibt es doch in der Realität doch genug Probleme, in die man sich aus guten Gründen hineinsteigern könnte. Aber unterscheiden sich die Probleme in diesen beiden Welten überhaupt so sehr?

Dass die Serie Game of Thrones metaphorisch ziemlich deutlich das Problem der Klimakrise zum Ausdruck bringt, dürfte einigen Fans schon aufgefallen sein. Folge für Folge bauen sich politische Intrigen zwischen verschiedenen herrschenden Familien in Westeros auf. Es werden Allianzen geschlossen und dann wieder hingeworfen, Mordanschläge auf Menschen ausgeübt, politische Gefangene festgehalten, es ist ein ewiger Kampf um Macht. Bestimmte Personen scheinen ,,die Guten‘‘ zu sein, dann wendet sich das Blatt komplett. Wer handelt moralisch, wer richtig, wer politisch klug? Ein ewiges hin und her über sieben Staffeln, wo massenweise Energie auf eigentlich ziemlich unbedeutende Konflikte verloren geht, wie man dann endlich erkennen soll. Denn die gegen- und miteinander kämpfenden Häuser haben doch von Beginn an einen gemeinsamen Feind, den es gemeinsam zu bekämpfen gilt: Die weißen Wanderer. Mystische Wesen, die eigentlich seit Jahrtausenden nicht mehr existieren sollten. An deren Existenz der Großteil der Bevölkerung zu Beginn der Serie nicht mehr glaubt, selbst die als „gut“ und „weise“ auftretenden Charaktere. Es handelt sich um menschenähnliche Wesen mit eisblauen Augen, die jedoch größer und viel stärker als Menschen sind. Sie bringen Tod und Eisige Kälte. Sie können Tote auferstehen lassen (,,Wiedergänger‘‘) und diese zu ihren Zwecken kontrollieren.

Seit Jahrtausenden hat die Weißen Wanderer kein Mensch mehr zu Gesicht bekommen, seit sie in einem harten Kampf gegen die Menschheit in den Norden gedrängt werden konnten. Zum Schutz der Menschen wurde dort mit Magie eine Mauer aus Stahl und Eis errichtet, die unüberwindbar scheint. Dass die Weißen Wanderer der eigentliche Feind, das eigentlich Böse in der Serie sind, wird schon in der allerersten Szene der Serie klar, als einige Wächter der auf der Mauer patrouillierenden ,,Nachtwache‘‘ von ihnen ermordet werden. Der einzige der Wächter, der fliehen kann, wird enthauptet, da ihm selbst der ,,gute‘‘ Eddard Stark keinen Glauben schenkt. Dabei wird der Leitspruch der im Norden lebenden Familie Stark doch von Beginn an immer wieder widerholt: „Winter is coming“. Paradox erscheinen angesichts des drohenden gemeinsamen Feindes die kommenden politischen Kämpfe und Intrigen, wo doch alle ein unaufhaltsames Problem teilen, welches keines der Häuser im Alleingang bekämpfen kann. Denn die Weißen Wanderer werden immer mehr und streben nach Eroberung des Südens. Ähnlich paradox kommen uns heute politische Konflikte auf der ganzen Welt vor, in Zeiten, wo die Menschheit doch zum ersten Mal einem heftigen Problem, das alle betrifft, gegenübersteht.

Die Weißen Wanderer sind eine in vieler Hinsicht perfekte Metapher des Klimawandels. Nicht als einzelne Personen, sondern als Masse werden sie zur Gefahr. Sie sind irgendwie tot und lebendig zugleich, oder etwas dazwischen. Sie sprechen nicht und bleiben lange etwas Unbekanntes, Mystisches. Der Klimawandel ist ein Feind, mit dem es sich ähnlich schwer umgehen lässt. Er hat kein Gesicht, er ist für uns Menschen nicht greifbar, niemand kennt die Härte seiner Auswirkungen. Er erzeugt ein ähnliches Gefühl von Schauer wie die Weißen Wanderer, deren Absichten Zuschauer von Game of Thrones nicht einschätzen können. Der ,,Nachtkönig‘‘, der erste Weiße Wanderer, welcher die anderen erschaffen hat und kontrolliert, wirkt zunächst wie ein eher langweiliger Bösewicht. Er ist kein vielschichtiger Charakter, nicht zwiegespalten, seine Boshaftigkeit hat keinen speziellen Hintergrund. Man kennt seine Motivation nicht, er ist einfach böse, und handelt doch klug und strategisch. Unaufhaltsam erschafft er sich eine größere Armee aus Weißen Wanderern und Wiedergängern und wandert mit diesen gen Süden, wo sich die verfeindeten Häuser mit selbstgemachten Problemen herumschlagen. Wie der Klimawandel ist er kein Bösewicht in dem Sinne, dass er wirklich böse, egoistische Absichten hat. Es gibt ihn einfach, und seine Macht vermehrt sich exponentiell. Wie der Klimawandel wird er, als ihn Teile der Menschen erstmals als existente Bedrohung erkannt haben, schneller zur echten Bedrohung, als sie geahnt hatten.

Das Interessante ist nun die Geschichte, wie der Nachtkönig in Game of Thrones entstanden ist. Er war ursprünglich ein Mensch, der vor Ewigkeiten lebte. In einer Zeit, in der die ersten Menschen nach Westeros kamen, und den dort bisher lebenden „Kindern des Waldes“, elfenhaften Naturwesen, den Lebensraum streitig machten. Ein Symbol für die wachsende Umweltzerstörung und -ausbeutung durch die moderne Gesellschaft seit der Industrialisierung? In der Welt von Game of Thrones erschufen die Kinder des Waldes aus Verzweiflung in ihrer Unterlegenheit gegen die Waffen der Menschen den ,,Nachtkönig‘‘, indem sie einem gefangenen Menschen eine magische Waffe ins Herz stachen. So entstand eine neue Gefahr aus der Verantwortung der Menschen heraus in Kombination mit einer Natur, die sich gegen ihre Ausbeutung wehrte. Diese Gefahr konnte aber bald schon niemand mehr kontrollieren. Sie musste gemeinschaftlich von den Kindern des Waldes und den Menschen bekämpft und eine magische Mauer zum Schutz der Menschen erbaut werden.

Wie genau der Nachtkönig besiegt werden kann, weiß lange niemand im Universum von Game of Thrones. Die uneinschätzbare Gefahr steckt im Körper eines einstigen Menschen, denn die Menschen haben jene Gefahr unbeabsichtigt selbst geschaffen. Und die größte Quelle seiner Macht sind wiederum die Menschen selbst. Mit jedem Toten erhält er ein potenzielles neues Mitglied seiner Armee von Untoten, die beständig Richtung Süden wandert. Auf ähnliche Weise nähren wir heute beständig die Klimaerwärmung durch immer mehr werdende CO2 Emissionen. Wie wir im neuesten Klimapaket der GroKo gesehen haben, wird reine Symbolpolitik betrieben. Die Devise: ,,Ja, der Klimawandel ist wichtig, und wir tun ja auch was dagegen. Nur halt nicht zu viel. Es gibt ja noch ganz viel andere wichtige Sachen zu tun.‘‘ Und währenddessen werden Gelder in z.B. die Förderung fossiler Brennstoffe und Entwicklung neuer, klimaschädlicher, aber wirtschaftlich vielversprechender Technologien gesteckt. Kohleausstieg bis 2038, obwohl jeder weiß, dass das nicht reichen wird, um gegen den Endgegner anzutreten.

In der siebten Staffel von Game of Thrones verliert die Herrscherin Daenerys Targaryen schließlich bei dem Versuch, Weiße Wanderer zu bekämpfen, einen ihrer drei feuerspeienden Drachen. Der Nachtkönig ermordet ihn mit einem Speer und erweckt ihn schließlich in einer die Staffel abschließenden Szene zu einem Zombie-Drachen mit eisblauen Wiedergänger-Augen, den er nun selbst im Kampf gegen die Menschheit einsetzen kann. Mit dem Feuer des untoten Drachen schmilzt er die für unzerstörbar gehaltene Mauer, woraufhin in einem schaurigen Abschlussbild die gigantische Armee von Untoten gen Süden weiterzieht, den Menschen entgegen. In diesem Bild steckt so unfassbar viel Klimawandel, dass diese Interpretation ein bisschen dauern kann, also holt euch jetzt vielleicht nochmal einen Kaffee, bevor ihr weiterlest.

Also. Der Drache ist erstmal die aktuell mächtigste Waffe der Menschen gegeneinander und gegen die Weißen Wanderer, ihre Superkraft, wie eine ultimativ innovative technische Entwicklung in unserer Welt. Durch Unachtsamkeit, dadurch, dass sie den Nachtkönig als Bedrohung nicht einschätzen kann, verliert Daenerys ihn – und stärkt den Nachtkönig somit extrem. Diese Situation erinnert an die gefürchteten Rückkopplungseffekte in der menschengemachten Klimakrise. Den Grund, aus dem es das im Pariser Klimaabkommen festgehaltene zwei-Grad-Ziel überhaupt gibt. Denn bei einer Erwärmung der Durchschnittstemperatur der Erde um über zwei Grad kann der Prozess der kontinuierlichen globalen Erwärmung nicht mehr durch noch so hohe Anstrengungen der Menschheit aufgehalten werden. Dies hängt beispielsweise mit der Gefahr der schmelzenden Permafrostböden in Sibirien zusammen, was bei einer Erwärmung um mindestens zwei Grad, wie sie aktuell zu erwarten ist, beschleunigt geschehen wird. Hier verbergen sich enorme Mengen an CO2 und Methan, welches im Vergleich zu CO2 ein um den Faktor 28 stärkeres Treibhausgas ist. Schätzungsweise sind allein in den Permafrostböden ca. 1.500 Gigatonnen Kohlenstoff eingeschlossen, also fast doppelt so viel wie aktuell in der gesamten Erdatmosphäre (800 Gigatonnen). Die Eiskappen der Arktis schützen auch daher vor Temperaturanstieg, da die weißen Eisflächen vereinfacht gesagt Licht und Wärme reflektieren, während die Ozeane Wärme eher aufnehmen. Das ,,ewige Eis‘‘, welches, wie wir schmerzlich erkennen müssen, überhaupt nicht ,,ewig‘‘ ist, ist somit tatsächlich so etwas wie die magische Mauer in Game of Thrones für uns Menschen. Und mit ähnlicher Gewissheit haben wir uns auf seine Unzerstörbarkeit verlassen. Steuern wir aber auf Kippunkte im Temperaturanstieg zu, dann können wir ab einem bestimmten Punkt nichts mehr ausrichten. Das Werk der Menschheit selbst richtet sich dann mit vervielfachter, unkontrollierbarer Kraft gegen sie. Unser untoter Drache schmilzt das Eis weiter und weiter. Die haarsträubende Szene, in der große Eisstücke aus der so erhaben wirkenden, riesigen Mauer herausbrechen, als das Drachenfeuer sie trifft, erinnert heftig an Bilder von gigantischen, abbrechenden Eisblöcken in der Arktis. Winter is here.

Und dann ist da noch die Sache mit den uralten Viren, welche in den Permafrostböden eingefroren sind. Es könnten sich hier für ausgerottet gehaltene Viren wie die Pocken konserviert halten, welche bei Schmelze der Permafrostböden erneut in Umlauf geraten könnten. Wissenschaftler sind sich jedoch äußerst uneinig, ob dieses Szenario tatsächlich eine potenzielle Gefahr für Epidemien birgt, mit welchen der menschliche Organismus nicht umgehen kann. Es passt aber äußerst gut zu dem Bild der Weißen Wanderer in Game of Thrones, welche die eiserne Mauer durchbrechen. Die Menschheit glaubt, eine Gefahr seit Langem ausgerottet zu haben. Und dann holt sie diese wieder ein, ausgelöst durch den Fortschritt der Menschheit selbst.

Sollten die Regierungen der Welt keine radikalen Maßnahmen ergreifen, ist das Eintreten von Rückkopplungen durch beispielsweise das Schmelzen der Permafrostböden äußerst wahrscheinlich. Wir würden dann eventuell auf eine ,,Heißzeit‘‘ zusteuern. Dürren, Missernten, das Zusammenbrechen zahlreicher Ökosysteme und massive Stürme wären die Folge. Der Meeresspiegel steigt laut dem aktuellen Bericht des Weltklimarats IPPC weitaus schneller an, als erwartet. Und Regierungschefs wie Vladimir Putin oder Donald Trump machen keine Anstalten, diese Warnungen ernst zu nehmen. Dabei ist die Gefahr so langsam unmittelbar sichtbar. Küstennahe Metropolen wie New York City, aber auch Hamburg könnten bereits um 2050 von massiven Überschwemmungen betroffen sein, ganz zu schweigen von ganzen Inselgruppen wie Fidschi. Und trotz dieses immer heftiger werdenden Drucks der Wissenschaft glänzen bestimmte Entscheidungsträger in der Kunst der Ignoranz. Game of Thrones-Fans erinnern sich an die Szene, in welcher Jon Snow der verfeindeten Cercei Lannister einen gefangenen Untoten vorführt, um ihr die Dringlichkeit des Handelns gegen die Weißen Wanderer klar zu machen. Und anhand ihres entsetzten Gesichtsausdrucks geht der Zuschauer kurz davon aus, die verfeindeten Häuser in Westeros würden jetzt endlich vernünftig werden und gemeinsame Sache machen. Aber falsch gedacht. Die Macht der Verdrängung ist ungeheuer, wie Trump es uns in unserer Welt beweist. Lasst uns doch einfach glücklich in eine ,,bright and wonderful future‘‘ schauen. Das deprimierende ist, dass wie auch in Game of Thrones schon seit Langem klar ist, mit welchem Endgegner wir es zu tun haben. 1896 beschrieb der spätere Nobelpreisträger Svante Arrhenius erstmals den Treibhauseffekt und dessen potenzielle Folgen für globale Erwärmung.

Winter is coming. Ein ewiges Mantra. Ich habe das Gefühl, wir hören es gerade täglich im Fernsehen und im Radio, lesen es in der Zeitung. Wir wissen es, und verarbeiten unsere eigene Hilflosigkeit mit Protest oder Resignation – oder eben in Fantasieuniversen. Man könnte sich die Frage stellen, wozu wir überhaupt noch Serien brauchen. Die Nachrichten sind ein Lied von Eis und Feuer geworden. Schmelzende Gletscher, Feuer im Amazonas. Drohende Extremwetterlagen. Und es dreht sich immer weiter. Wir leben in einer verdammt abenteuerlichen Zeit, die Helden braucht. Helden, die sich der Wahrheit stellen und die die Wahrheit weiterbringen. Helden, die wissen, wofür sie kämpfen. Anschuldigungen an Einzelpersonen können dafür keine Lösung sein. Helden dürfen sich nicht über andere stellen, sondern sollten sie mitnehmen. Im Kampf gegen den Klimawandel wird jeder von uns zum Helden. Jeder wird in einem Kampf gebraucht, der nicht durch wenige Einzelne ausgefochten werden kann. Und dafür müssen wir nicht einmal gegen Zombies kämpfen. Was wir tun können, ist vor allem Druck machen, auf die Straße gehen. Natürlich müssen wir bei uns selbst anfangen. Aber wirkliche Veränderungen können nur auf politischer Ebene erreicht werden.

Wir wissen es schon lange. Jetzt müssen wir nur noch in der Wirklichkeit ankommen – Mut zur Wahrheit beweisen – und wissen, dass aufgeben keine Lösung ist. Es ist dringend. Winter is here.

Das homeward-Festival

Wenn eine alte Ziegelei zum Leben erwacht...

von Mona Berner

Bilder: Homeward-Team

Zugegeben: Ganz ausgestorben ist die alte Ziegelei im kleinen Niederwürschnitz im Erzgebirgskreis nie. Rentner, die im Steegenwald spazieren waren oder Familien, die mit ihren Kindern im kleinen Imbiss ein Eis essen, sind hier in den Sommermonaten immer anzutreffen. Aber einmal im Jahr verändert sich das Publikum: tiefe Bässe bringen die Baumwipfel zum Beben und statt 30 Menschen befinden sich plötzlich über 3000 auf dem urigen Gelände und verdoppeln damit kurzerhand die Einwohnerzahl des Dorfes. Was ist es, das all diese jungen, weltoffenen und gut gelaunten Menschen im Sommer an diesen Ort lockt?

Ein Festival. Was sonst, könnte man denken. Aber dieses Festival ist anders. Weit weg von Kommerz, jenseits von „wer bekommt die meisten Likes auf Instagram für das geilste Festivaloutfit“. Es geht um Familie, Heimatgefühl, ankommen, entschleunigen und sich einfach wohlfühlen – wie im heimischen Wohnzimmer. Feste Eintrittspreise gibt es nicht, jeder gibt so viel wie er kann und will. Wer Hunger hat bekommt leckere Flammkuchen oder Vegetarische Kartoffel-Gemüse Schalen: alles frisch und lecker und Dank unzähliger ehrenamtlicher Helfer realisierbar. Kommt es zu Engpässen, hilft man sich gegenseitig, wie 2018 als bereits am ersten Tag alle Essensvorräte aufgegessen waren und die Besucher einfach mitmachten: Gemüse schneiden, kochen, Brote belegen. „Wir wollen ein Festival mit den Menschen und nicht im Sinne des klassischen Konsumdenkens“, erklärt Stephanie Mittelbach, welche von Anfang an fest in der Organisation verankert ist.

Dass es dieses Festival überhaupt gibt, ist mehr oder weniger ein Zufall. 2017 beschloss eine Gruppe junger und vom christlichen Glauben überzeugter Menschen, dass wenn das geliebte und hoch geschätzte Freakstock Festival ausfällt (Europas größtes, alternatives christliches Musikfestival), das Freakstock eben zu sich zu holen. Schnell hatten sich Bands und Location gefunden und so startete es vor drei Jahren mit rund 1000 Besuchern in die erste Auflage. Damals war nicht klar, ob es sich zu einer Festivalreihe entwickelt, oder nur ein einmaliger Ausgleich zum Freakstock ist. Aber der Zuspruch war hoch und auch wenn die Planung und Organsiation besonders in den ersten beiden Jahren für die ehrenamtlichen Helfer eine große Herausforderung war, ging es in die nächste Runde. Und es lohnt sich.

Es geht nicht nur um Musik, sondern um Gemeinschaft.

Jedes Detail auf dem Festivalgelände ist mit so viel Liebe gestaltet und dekoriert. Egal ob chillen auf den alten Sofas im Zelt, Deep-Talk in der mit Lichterketten ausgehangenen Höhle oder runterkommen im Shisha-Zelt: Wohlfühlen steht an erster Stelle. Morgens, nachdem du lang und gut in deinem Zelt, welches auf einem der Felder mitten im Grünen steht (und wenn du Glück hast, hörst du die Schafe des Bauern) ausgeschlafen hast, die reine Landluft riechst und dich gestärkt hast, erwarten dich unzählige kreative Angebote. Neben Gottesdiensten und christlichen Workshops, kannst du auch bei einer Runde Yoga oder Windlichter basteln entspannt in den Tag starten. Beim Beziehungsworkshop „Topf sucht Deckel“ konnte unsere bindungsphobische Generation einiges dazu lernen: „Diesmal ging es um Kriterien der Partnerwahl und das man sich klar werden sollte, was man von seinem Partner erwartet“, erzählt Workshopleiter Thomas Drossel, welcher bereits seit 30 Jahren mit seiner Frau verheiratet ist und weiß: „Damit eine Partnerschaft funktionieren kann, muss man auch bereit sein, sich zu verändern“. Zu deep? Dann einfach zum Einrad-fahren-lernen Kurs.

Zu Indie, Funk, Rock, Tech oder Drum ́n ́Bass kannst du Nachts an drei verschiedenen Bühnen dein Tanzbein schwingen, trinken, quatschen – Spaß haben. Eine gute Zeit zu haben steht an erster Stelle und dazu ist es den Veranstaltern wichtig, dass bestimmte Werte verinnerlicht werden: „Wir haben uns die Zeit genommen, unsere Werte genauer zu definieren und darüber nachzudenken, welche Philosophie hinter uns steht“, erklärt Stefanie Mittelbach. Dazu zählen unter anderem „no hate“, was ausdrücklich gegen jegliche Art von Diskriminierung spricht oder auch „Do it yourself“, was bedeutet, dass man Dinge selbst macht.

Es ist ein christlich geprägtes Festival, bei dem jeder willkommen ist, der die gemeinsamen Werte teilt. Das ist unabhängig davon, welcher Religion oder Glaubensrichtung man angehört, wie Stefanie Mittelbach noch einmal klarstellt: „Wir wollen eine Gegenwart schaffen, für Dinge die schön sind und eine gemeinsame Werte-Basis haben. Das bedeutet nicht, dass es deswegen aufdringlicher wird.“

Das nächste homeward-Festival findet vom 02.-05.07.2020 statt. Weitere Infos findest du hier.

Das Horizont-Magazin

Es gibt so viele Geschichten die erzählt werden wollen

von Katha von Sterni 

Bilder: Horizont-Redaktion

Der Horizont

Laut Wikipedia ist er „eine Linie, die den Himmel von der Erde abgrenzt“. Hmm. Ich bin nicht zufrieden. Irgendwie ist mir diese Beschreibung zu unromantisch, zu geometrisch, einfach zu wenig. Gerade wollte ich schreiben: „sie klingt ein bisschen nach Steinzeit“, aber das stimmt eigentlich nicht. Vor nicht allzu langer Zeit haben sich die Menschen nämlich noch wilde Szenarien ausgedacht, die sich hinter diesem mysteriösen „Abgrund“ abspielen sollten. Vielleicht kommt es auch daher, dass wir in Gesprächen über Dinge, die über das rein Sichtbare, Alltägliche und Routinierte hinausgehen gelegentlich von „Horizonterweiterung“ sprechen. Und auch so, wenn wir irgendwo die Aussicht genießen, wissen wir in den seltensten Fällen, was genau sich am Horizont oder auch dahinter befindet. Das ist dann auch egal. Es ist irgendwie schön, dass er etwas Geheimnisvolles und Unergründetes hat, wenn wir ihn einfach so betrachten.

Genau genommen spielt der Horizont selbst in unserem Alltag aber so gut wie keine Rolle mehr. Wir müssen keine Geschichten mehr über ihn erfinden, weil er eigentlich kein Mysterium mehr für uns darstellt, weil wir die „Wahrheit“ easy googeln können. Generell können wir jederzeit überall sein wo wir wollen und alles wissen was wir wollen. Rein praktisch gesehen endet unser Horizont dann aber schon auf dem Bildschirm unseres Laptops, Tablets oder Smartphones. Aber wie weit schauen wir dann wirklich?

Das Magazin, das wir hier vorstellen möchten, erzählt die Geschichten geflüchteter Menschen, von ihrem Leben in Chemnitz, ihren Träumen, Ängsten und Wünschen. Ihre Geschichten beginnen meist dort, wo unser Horizont aufhört. Und unser Horizont ist oft ihre einzige Hoffnung auf ein Leben in Sicherheit.

Dave ist einer der Hauptinitiatoren des Projekts.Er selbst hat vorher drei Jahre beim Sächsischen Flüchtlingsrat gearbeitet. Dort hat er Geflüchtete zu Asylverfahren beraten und ihnen beim Umgang mit der deutschen Bürokratie geholfen. Während der Arbeit hatte er oft wenig Zeit, um länger mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Er merkte jedoch schnell, dass da so viele Lebensgeschichten sind, die erzählt werden wollen und dass es eine Plattform braucht, um diese Geschichten nach außen zu tragen. Echt, emotional und ungefiltert. Und dann war da auf einmal diese Ausschreibung.  Das Fortbildungszentrums Chemnitz suchte Anfang des Jahres einen Projektleiter, um eine „Flüchtlingszeitung“ ins Leben zu rufen. Dort fanden Daves Ideen fruchtbaren Boden und das Horizont-Magazin stand in den Startlöchern. Zusammen mit Frau Ergieg arbeitet er seitdem mit viel Liebe und Einsatz an dem Projekt. Frau Ergieg war selbst mehrere Jahre als Chefredakteurin in Tripolis (Libyen) tätig. Dort schrieb sie in ihrer wöchentlichen Rubrik „safirat anzar“ (arab. – deutsch: Warnhinweis) über jegliche Formen der Korruption. Dazu erhielt sie Einblick in Gefängnisakten und sprach mit Inhaftierten über deren Geschichte und die Verhältnisse im Gefängnis. Wegen ihrer Arbeit wurde Frau Ergieg in ihrer Heimat zu Tode verurteilt und floh nach Deutschland.

Wie genau entstehen die Artikel?

Einige der Menschen, die Dave Ihre Geschichte erzählen, kannte er noch persönlich von seiner vorherigen Arbeit. Mit der steigenden Bekanntheit des Magazins erreichen Ihn aber mittlerweile auch viele Geschichten über soziale Medien und Mails.

Die Texte entstehen dann meist in Gemeinschaftsarbeit, dabei spielt es keine Rolle, ob man schon Erfahrung im Schreiben hat, oder nicht. „Es gibt immer so viel Zeit wie es braucht um den Artikel so fertig zu stellen, dass alle Mitwirkenden zufrieden sind. Bei Horizont kann jeder seine Geschichte erzählen, egal welche Sprachkenntnisse er hat. Wenn die Kommunikation schwierig wird, gibt es Sprachmittler die ihm zur Seite stehen und zur Not tun es auch ein paar Skizzen“ erklärt Dave.

Über Ziele, Wünsche und Visionen.

Bisher liegt der Fokus inhaltlich auf Geschichten aus den Heimatlandändern der Geflüchteten. Das Magazin greift aber zunehmend auch tagespolitische Themen auf – reflektiert aus der Perspektive der Geflüchteten. Zukünftig soll dabei auch die diesbezüglich in Verruf geratene sächsische Provinz mit einbezogen werden. Auch dort gibt es positive Beispiele, wo die soziale Integration von Geflüchteten sehr gut funktioniert. Weitere Artikel des Magazins klären über die politische Lage in aktuellen Kriegs- und Krisengebieten auf und erläutern wichtige Gesetzesänderungen. Außerdem wird über lokale Veranstaltungsangebote und Sprachkurse informiert.„Ein zentrales Ziel des Magazins ist es, die Menschen zu bestärken. Beispielsweise haben wir sehr positives Feedback von einer Frauengruppe aus dem Projekt „Sonnenschein“ von der Diakonie bekommen. Diese Frauen haben sich von den patriarchalischen Systemen ihrer Heimat losgemacht. Sie machen nun Kunst in allen möglichen Formen und sind sehr kreativ und unabhängig von ihren Männern. Diese Frauen sind voller Selbstvertrauen, weil sie gehört werden – das ermutigt sie“ erzählt Dave. Das Projekt verfolgt auch das Ziel, den Frauen Deutschkenntnisse zu vermitteln, denn nur so können sie sich selbstständig orientieren, Kontakte knüpfen und bürokratische Hürden eigenständig erledigen. Ein Problem, das jedoch viele der Frauen haben, ist dass sie keine Kindergärtenplätze für ihre Kinder finden und deshalb nicht an Integrationskursen teilnehmen können. Aisha erzählt in einem Artikel der ersten Ausgabe von Horizont, dass sie bereits zwei Jahre nach einem Platz für Ihre Kinder gesucht hat. Somit wird auch für die Kinder die Möglichkeit erschwert Deutsch zu lernen und damit sozialen Anschluss zu finden.

Wie wird das Magazin in der Gegend angenommen?

Bisher wird das Magazin durchweg positiv angenommen. Ziel des Projekts ist es, bald ein eigenständiges Magazin von Geflüchteten für Alle zu schaffen. Dafür sind natürlich immer kreative Köpfe gesucht! – Wenn ihr Spaß am Schreiben habt, euch grafisch betätigen wollt, oder eine persönliche Geschichte erzählen möchtet – schreibt uns und wir leiten es weiter.

Das Horizont-Magazin ist kostenlos und erscheint monatlich. Ihr findet es in zahlreichen sozialen Einrichtungen, Cafés, Geschäften und Bars in der Stadt. Haltet mal Ausschau, Chemnitz ist neben Berlin und München die einzige Stadt, in der es ein solches Magazin gibt!

Unseren Horizont können wir jederzeit selbst bestimmen…

…und wenn wir mal eine Pause brauchen von den aufregenden Geschichten der Welt, können wir einfach in den Himmel schauen – denn dort gibt es keinen Horizont, zumindest noch nicht. 😉

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Bunte Erde – der interkulturelle Garten

Text und Bilder: Katha von Sterni

Ein warmer Sommertag, sanfter Wind, zwei Kinder spielen mit selbst gebauten Schwertern aus Ästen und eine Dame erntet Radieschen. Als wir am späten Nachmittag den Garten betreten, wartet Mohammed schon auf uns.

Er selbst ist vor drei Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen. Direkt bei der Erstaufnahme-Station nach seiner Flucht erzählte ihm jemand vom „Bunte Erde“ Gartenprojekt und er war sofort begeistert von der Idee. Über kleinere Gartenfeste und Grill-Abende in dem Garten knüpfte er schnell die ersten Kontakte. Heute ist er selbst ein aktives Mitglied und gestaltet das Garten-Leben liebevoll mit.

Manchmal veranstaltet er mit den anderen Mitgliedern zusammen Koch- und Grillfeste in dem Garten und ab und zu finden dort auch Workshops statt. Letztens wurde zum Beispiel Kräuter-Seife hergestellt und Duftsäckchen geschnürt. Was gerade so los ist, wird immer auf der Website und auf Facebook geteilt. Der Garten versteht sich generell als Ort der Begegnung und des Austauschs verschiedener Kulturen. Und wie kann man andere Kulturen besser kennen lernen, als durch gemeinsames Gärtnern, Pflanzenkunde und Kochen?!

Neben dem eigenen Beet gibt es auch Gemeinschaftsflächen, die von allen gemeinsam gestaltet werden können. Hierbei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. So ist schon ein Insektenhotel, ein Bienenstock, ein selbstgebautes Zelt aus Stöcken, ein Sandkasten u.v.m. entstanden. Besonders schön und einzigartig fanden wir den Weg, der an den Beeten entlangführt. Dieser ist mit bunten Mosaiken gepflastert, die bei einem Workshop mit Kindern gestaltet wurden.

Der Garten ist Teil des Integrationsnetzwerks in Chemnitz und steht mit vielen Einrichtungen der Migrantenarbeit in Kontakt. Das ca. 2000 Quadratmeter große Grundstück wird dafür von der Stadt zur freien Verfügung gestellt. Es liegt am unteren Kaßberg in der Franz-Mehring-Straße 39. im Hinterhof eines Häuserkarrees. Für 2,50€ den Quadratmeter, kann man sich ein Stückchen Erde mieten und nach Belieben bepflanzen. Der Verein zählt aktuell rund 35 Mitglieder, einige teilen sich auch ein Beet und man hilft sich gegenseitig, wenn mal weniger Zeit ist.

Nach unserem Besuch in dem Garten haben wir uns total glücklich und entspannt gefühlt. Es war wie als wäre man kurz in einer anderen Welt gewesen und wir überlegen schon, uns einen RABBAZ-Garten zu mieten. Da werden dann natürlich erst mal Kakaobohnen und Wein angebaut! 😉

In Chemnitz gibt es einige dieser offenen Gartenprojekte. Auf dem Sonnenberg kann man sich zum Beispiel der Gartenutopie anschließen und im Schlossviertel gegenüber der Zukunft gibt es den Kompott – Garten. Also an alle grünen Daumen und die die es werden wollen – lets fetz!

Seifenblasenplatzen

Im letzten Jahr musste Chemnitz viel aushalten. Ja und schon schießen beinahe jedem von uns diverse Bilder und Erinnerungen durch den Kopf.

Hohe Reden wurden geschwungen, Nächte durchdiskutiert und verbal die Welt verbessert.

Es wurde viel gewünscht, geredet und vor allem gemeckert. Ein stetiger Wechsel aus Hoffnung und Enttäuschung. Dabei vergisst man oft, über den eigenen Tellerrand zu schauen, oder wie wir sagen – die eigene Seifenblase zerplatzen zu lassen. Was passiert hier außerhalb der braunen Schlagzeilen aus den Nachrichten-Apps?

Deshalb haben wir euch in den vergangenen Monaten auf Instagram Menschen vorgestellt, deren Ideen zu Taten geworden sind, die Stadt bewegen und Menschen zusammenbringen. Hier findet ihr nun über jedes der Projekte einen ausführlichen Artikel. Viel Spaß! 🙂 

Bild und Text: Katha von Sterni

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Bunte Erde
Der interkulturelle Garten
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Die Buntmacherinnen
Parteineutraler Wahlkampf für die Demokratie
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Das Horizont Magazin
Es gibt so viele Geschichten die erzählt werden wollen
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Die Bordsteinlobby
Freie Kultur offen legen