Von Magrittes Pinsel zu Foucaults Feder
Stellen Sie sich vor, Sie betreten ein Museum. Vor Ihnen erscheint ein einfaches Bild einer Pfeife. Sie sind im Begriff, weiterzugehen, doch dann fällt Ihr Blick auf die darunterstehenden Worte: „Ceci n’est pas une pipe“ – „Das ist keine Pfeife.“ Verwirrt schauen Sie noch einmal hin. Natürlich ist das eine Pfeife, oder etwa nicht? Genau diese Verwirrung wollte der surrealistische Maler René Magritte hervorrufen. Sein berühmtes Werk „Der Verrat der Bilder“ hinterfragt die Beziehung zwischen Bildern, Sprache und Realität. Doch nicht nur Magritte interessierte sich für dieses Rätsel. Auch Philosophen wie Michel Foucault haben untersucht, wie die Sprache unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit formt. Magrittes Kunst und Foucaults Philosophie führen uns dazu, Fragen zu stellen: Ist das eine Pfeife? Ist das Bild einer Sache gleichzusetzen mit der Sache selbst? Was ist Realität? Sollten wir alles, was wir sehen, glauben? Vielleicht nicht. Michel Foucault und René Magritte, zwei große Namen, die auf unterschiedliche Weise das Verhältnis zwischen Sprache, Repräsentation und Realität untersucht haben, regen uns zum Nachdenken an.

René Magritte, einer der führenden belgischen Surrealisten des 20. Jahrhunderts, ist bekannt für seine Werke, die die Realität in Frage stellen und mit ungewöhnlichen Bildern gefüllt sind; Michel Foucault hingegen war ein französischer Philosoph und Denker des 20. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt der Diskussion um Sprache, Realität und Repräsentation steht Magrittes „Ceci n’est pas une pipe“ (Das ist keine Pfeife). Dieses mit Ölfarben auf Leinwand gemalte Werk hat in der Kunstwelt einen besonderen Platz, da es aus der Kombination einer hyperrealistisch gezeichneten Pfeife und der Schrift „Das ist keine Pfeife“ besteht. In diesem Werk nimmt Magritte einen gewöhnlichen Gegenstand und spielt mit seiner Bedeutung. Magritte will damit die Wahrnehmung einer Pfeife hinterfragen. Warum tut er das? Weil ein Bild nicht die Sache selbst ist, sondern nur eine Repräsentation davon. Magritte bezeichnet die Beziehung zwischen Repräsentation und Realität als „visuellen Verrat“ und fordert den Betrachter auf, diesen feinen Unterschied zu erkennen. Aber wie hängt dieses Chaos mit der Sprache zusammen?
Um das Thema zu vertiefen, werfen wir einen Blick auf einen Denker, den sowohl Magritte als auch Foucault schätzten: Ferdinand de Saussure. Wenn wir Saussures Sprachtheorie betrachten, wird klar, dass das Thema gar nicht so kompliziert ist. Saussure spricht in seiner Sprachtheorie von zwei Konzepten: dem Signifikanten (signifier) und dem Signifikat (signified). Der Signifikant ist ein Wort oder Symbol, das Signifikat hingegen ist das Konzept, das dieses Symbol repräsentiert. Doch Saussure argumentiert, dass es keine natürliche Verbindung zwischen diesen beiden gibt, sondern dass diese Beziehung rein willkürlich ist. Das Wort „Pfeife“ hat also keine natürliche Verbindung zu einer tatsächlichen Pfeife; es handelt sich lediglich um eine gesellschaftliche Übereinkunft.
Repräsentationen, Worte oder das, was sie repräsentieren… Dieser Kreis mag in unserem Kopf etwas komplex erscheinen. Aber wir alle haben uns als Kinder gefragt, warum wir eine Karotte eigentlich „Karotte“ nennen. Tatsächlich hat jeder von uns diesen Kreis irgendwann einmal berührt. Aber warum? Weil alles völlig willkürlich ist. Die Antwort auf diese große Debatte ist tatsächlich so einfach: Willkür. Zwischen einem Wort und dem Objekt, oder der Sache, die es repräsentiert, besteht keine natürliche oder notwendige Verbindung. Dieses Argument steht eigentlich hinter vielen kulturellen, sozialen oder historischen Diskussionen. Um es etwas genauer zu erklären: Wir könnten sagen, dass Worte oder Repräsentationen eine Verbindung sind, die durch Vereinbarungen zwischen Menschen entsteht. Kurz gesagt, es gibt keine direkte Verbindung zwischen Wörtern und Objekten, sondern diese Verbindungen sind gesellschaftlich geformt und können als Vereinbarung betrachtet werden. Ebenso sind auch Bilder willkürlich und gesellschaftlich geformt. Magrittes Werk „Ceci n’est pas une pipe“ hinterfragt genau diese Willkürlichkeit und die Beziehung zur Repräsentation.
Da es unser Ziel ist, die Welt der Repräsentationen und des Bezeichneten durch Magrittes „Ceci n’est pas une pipe“ und Foucaults Gedanken zu untersuchen, denke ich, dass es nicht nötig ist, zu sehr auf sprachwissenschaftliche Details einzugehen. Denn wenn wir die Willkürlichkeit des Wortes „Hund“ im Detail analysieren wollten, könnten wir sagen, dass „Hund“ im Deutschen „Hund“ ist. Aber das hat nichts mit dem Tier zu tun. Weil es anders aussieht als eine Katze, ein Fuchs oder ein Vogel (also das Bezeichnete), wirkt es für das Ohr (die Laute, Reflexionen oder Wörter) als Repräsentation anders. Außerdem verleihen ihm Eigenschaften wie „bellen“ oder „Fell haben“ nur eine grammatikalische Bedeutung. Aber sie ändern das Tier oder die Repräsentation nicht. Man könnte das Wort „Hund“ nicht durch „bellen“ in einem Satz ersetzen. Das Wort „Hund“ unterscheidet sich auch phonetisch von ähnlichen Wörtern wie „Hand“, „Hundred“, „Fund“ usw. und gewinnt dadurch eine eigene Bedeutung.
Kommen wir zum Bild zurück: Warum sprechen wir über eine überaus realistisch, fast lebensecht gezeichnete Pfeife? Warum nicht einfach über eine beiläufig gemalte Pfeife? Weil jedes beliebige Pfeifenbild bereits die Assoziation einer Pfeife in uns hervorrufen würde. Genau an diesem Punkt können wir sagen, dass sich die Überzeugungen von Magritte und Foucault überschneiden. Magritte hebt zwei wesentliche Konzepte der visuellen Repräsentation hervor: Ähnlichkeit (resemblance) und Gleichheit (similitude). Foucault versucht, mit den Begriffen „Ähnlichkeit“ (resemblance) und „Ähnlichkeit im Sinne von Nachahmung“ (similitude) die Beziehungen zwischen Objekten zu verstehen. Wie auch immer, am Ende kommen wir zu einem Ergebnis: Ein Bild von einer Pfeife können wir nicht Pfeife nennen. Es kann zwar eine Ähnlichkeit zwischen einem Objekt und dessen Repräsentation geben, doch diese Ähnlichkeit bedeutet niemals vollständige Gleichheit. Magrittes Ziel ist es, zu betonen, dass ein Bild, egal wie sehr es einem Objekt ähnelt, niemals dieses Objekt selbst sein kann. Dies wird besonders anschaulich in seinem Werk „Ceci n’est pas une pipe“ dargestellt. Denn die Pfeife im Bild ist in Wirklichkeit ein Bild, das der Pfeife äußerst ähnlich ist. Wenn wir uns die Beziehung der Ähnlichkeit anschauen, neigen wir dazu, Dinge miteinander zu vergleichen, und in der Regel setzen wir das, was verglichen wird, als realer und überlegener voraus als das, womit es verglichen wird.
Auch laut Foucault können Wörter und Bilder einander nicht ersetzen. Deshalb ist die Pfeife im Bild keine Pfeife, weil die Pfeife im Bild in Wahrheit nur ein Bild ist, das der Pfeife täuschend ähnlich sieht. Für Foucault gehören Wörter und Bilder zu völlig verschiedenen Welten. Wenn wir im System von „Ähnlichkeit“ und „Nachahmung“ denken, schaffen wir eine hierarchische Struktur. Denn Dinge, die ähnlich sind, und die, mit denen sie verglichen werden, erzeugen eine hierarchische Ordnung. Die „Nachahmung“ hingegen zerstört diese Hierarchie und lässt Dinge und Konzepte frei umherwandern. Das Bild der Pfeife ähnelt also einer Pfeife. Aber diese beiden Pfeifen sind nur Dinge, die sich ähneln, und darüber hinaus gibt es keine Verbindung.
Zusammenfassend ist die Pfeife im Bild eigentlich nur ein Bild, das der Pfeife sehr ähnlich ist. Denn Foucault und Magritte argumentieren, dass es keine direkte Verbindung zwischen der Sprache und den Bildern und den Dingen gibt, die sie darstellen. Magritte tut dies mit seinem Pinsel; er versucht, unsere Wahrnehmung durch bekannte Bilder in unsinnigen Kombinationen zu erschüttern. Foucault hingegen versucht, die komplexe Beziehung zwischen Sprache und Bild zu erklären. Sprache und Bilder können nicht aufeinander reduziert werden. Denn die Sprache besteht aus Wörtern, und Wörter verweisen nicht direkt auf Dinge. Die Bedeutung der Wörter entsteht durch ihre Beziehung zu anderen Wörtern in der Sprache, und generell sind Sprachen zufällig entstanden. Nun frage ich Sie: Ist das eine Pfeife? Oder nur ein Bild, das einer Pfeife sehr ähnlich ist?





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