In diesem kritischen Essay vermischen sich abstrahierte Eindrücke des Theaterstücks „Die Zwölf Geschworenen“ mit dem Versuch einer Einordnung der anklingenden Themen Demokratie, Dialog und menschliche Erfahrung.
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Dass Wählen gehen wichtig ist, und heutzutage mehr als jemals zuvor, ist wahrscheinlich allen Leser*innen dieses Textes bewusst. Falls dies jedoch nicht Fall ist, hier noch einmal die ausdrückliche Aufforderung: Nutzt eure Möglichkeit zu wählen!
Denn wählen zu dürfen bedeutet Macht haben und wer diese Macht nicht nutzt, beteiligt sich aktiv am fortlaufenden Rechtsruck in Deutschland und Europa.
DerHand in Hand e.V. hat sich genau dieses Thema zu Herzen genommen und eine Kampagne gestartet, bei der unter anderem zur Museumsnacht am 04.05. eine Flashmob-Aktion mit Plakaten gestartet wurde. Ebenso wurde folgender Text in einer Schweigeminute für die Kultur um 24 Uhr vorgelesen.
Eine der größten Gefahren für die Kulturszene ist vor allem die AfD, denn sie tut effektiv nichts für Kulturvielfalt, Kulturschaffende oder Kulturkonsument*innen. Als ich mich anfänglich mit diesem Thema beschäftigte , wurde ich sehr schnell in einen Strudel des Entsetzens gezogen. Vor allem Entsetzen darüber, wie die AfD mit den sehr realen Ängsten von Menschen spielt und diese auf eine Art und Weise instrumentalisiert, dass es mir das Blut in den Adern zum Kochen bringt. Das fängt schon mit der Tatsache an, dass sie sich in einem Parlament zur Wahl aufstellen lassen, das sie abschaffen wollen, was mäßig stark an 1933 erinnert. Es geht weiter mit der Verwendung von Begriffen wie “muslimischen Antisemitismus”, als hätte die Politik, an der sie sich orientieren und mit deren Worten sie sprechen, nicht vor 80 Jahren eine ganze Bevölkerungsgruppe so systematisch getötet, dass es nach dem Holocaust immernoch weniger Juden und Jüdinnen gibt, als davor. Aber es passt ja gut, wenn man sich den Schmerz und die Wut einer Gruppe zunutze machen kann, um eine andere, noch weniger in das eigene Weltbild passende Gruppe zu diskriminieren.
Passend dazu hätte die AfD am liebsten eine höhere Mauer um Europa als jene zwischen DDR und BRD bis 1989. Weiterhin muss man sich massiv in Acht nehmen, zu denken dass Rechtsradikale nur grölende Besoffene sind, die nicht mal oben und unten voneinander unterscheiden können. Was dort im Wahlprogramm steht, ist schlau formuliert und wenn man nicht die Mittel und die Zeit hat, das kritisch zu hinterfragen, scheint es Sinn zu ergeben. Wie bereits erwähnt, werden sehr gekonnt Ängste instrumentalisiert. Die Leute, die hier also Macht ausüben, sind auf gar keinen Fall dumm, auch wenn das so wirken mag; dass muss man einfach immer wieder wiederholen, denn nur dann kann man dagegen vorgehen.
Gerade in der linken Szene bekommt man oft das Gefühl, dass man zu sehr damit beschäftigt ist, sich gegenseitig dafür zu verurteilen, dass nicht immer 100% politisch korrekte Begrifflichkeiten verwendet werden, anstatt diese sich einfach auf Augenhöhe beizubringen. Ich nenne solche Leute auch gerne elitäre Linke, die sich zwar an alternativen Kleidungsstilen bedienen und schlaue Worte sagen, im Endeffekt aber weniger verstehen, worum es eigentlich geht. Linke Ansichten werden da hauptsächlich zur Aufwertung des eigenen Images und weniger aus tatsächlichem Interesse geteilt. Zu aktivistischer Arbeit gehören Solidarität untereinander und vor allem Verständnis. Wir sind alle in einem System aufgewachsen, das sexistisch, rassistisch, homophob sowie kapitalistisch ist, dementsprechend sind unsere Denkmuster davon geprägt — wir müssen uns also gegenseitig dabei helfen, aufzuhören auf diese Weise zu denken. Und damit meine ich nicht, dass diskriminierte Personen als laufende Lexika benutzt werden sollen, sondern eben, dass man sich untereinander darauf aufmerksam macht, wenn man in solche Denkmuster fällt, anstatt sich dafür zu verurteilen. Denn das, was uns am meisten schützt, ist Zusammenhalt und eine Community, die eben auch so offen handelt, wie sie es vorgibt zu sein. Neben dem Wählen ist das die beste Form der Solidarität. Die Möglichkeit dazu wird jedoch immer kleiner, wenn es alternative Jugendzentren und andere Begegnungsstätten nicht mehr geben sollte. Und es wird sie nicht mehr geben, wenn eine Partei wie die AfD an Macht und Einfluss gewinnt. Deswegen, wählt links, wählt solidarisch und lasst euch nicht unterkriegen, der Kampf ist erst verloren, wenn wir aufhören, uns zu wehren.