Dass Wählen gehen wichtig ist, und heutzutage mehr als jemals zuvor, ist wahrscheinlich allen Leser*innen dieses Textes bewusst. Falls dies jedoch nicht Fall ist, hier noch einmal die ausdrückliche Aufforderung: Nutzt eure Möglichkeit zu wählen!
Denn wählen zu dürfen bedeutet Macht haben und wer diese Macht nicht nutzt, beteiligt sich aktiv am fortlaufenden Rechtsruck in Deutschland und Europa.
DerHand in Hand e.V. hat sich genau dieses Thema zu Herzen genommen und eine Kampagne gestartet, bei der unter anderem zur Museumsnacht am 04.05. eine Flashmob-Aktion mit Plakaten gestartet wurde. Ebenso wurde folgender Text in einer Schweigeminute für die Kultur um 24 Uhr vorgelesen.
Eine der größten Gefahren für die Kulturszene ist vor allem die AfD, denn sie tut effektiv nichts für Kulturvielfalt, Kulturschaffende oder Kulturkonsument*innen. Als ich mich anfänglich mit diesem Thema beschäftigte , wurde ich sehr schnell in einen Strudel des Entsetzens gezogen. Vor allem Entsetzen darüber, wie die AfD mit den sehr realen Ängsten von Menschen spielt und diese auf eine Art und Weise instrumentalisiert, dass es mir das Blut in den Adern zum Kochen bringt. Das fängt schon mit der Tatsache an, dass sie sich in einem Parlament zur Wahl aufstellen lassen, das sie abschaffen wollen, was mäßig stark an 1933 erinnert. Es geht weiter mit der Verwendung von Begriffen wie “muslimischen Antisemitismus”, als hätte die Politik, an der sie sich orientieren und mit deren Worten sie sprechen, nicht vor 80 Jahren eine ganze Bevölkerungsgruppe so systematisch getötet, dass es nach dem Holocaust immernoch weniger Juden und Jüdinnen gibt, als davor. Aber es passt ja gut, wenn man sich den Schmerz und die Wut einer Gruppe zunutze machen kann, um eine andere, noch weniger in das eigene Weltbild passende Gruppe zu diskriminieren.
Passend dazu hätte die AfD am liebsten eine höhere Mauer um Europa als jene zwischen DDR und BRD bis 1989. Weiterhin muss man sich massiv in Acht nehmen, zu denken dass Rechtsradikale nur grölende Besoffene sind, die nicht mal oben und unten voneinander unterscheiden können. Was dort im Wahlprogramm steht, ist schlau formuliert und wenn man nicht die Mittel und die Zeit hat, das kritisch zu hinterfragen, scheint es Sinn zu ergeben. Wie bereits erwähnt, werden sehr gekonnt Ängste instrumentalisiert. Die Leute, die hier also Macht ausüben, sind auf gar keinen Fall dumm, auch wenn das so wirken mag; dass muss man einfach immer wieder wiederholen, denn nur dann kann man dagegen vorgehen.
Gerade in der linken Szene bekommt man oft das Gefühl, dass man zu sehr damit beschäftigt ist, sich gegenseitig dafür zu verurteilen, dass nicht immer 100% politisch korrekte Begrifflichkeiten verwendet werden, anstatt diese sich einfach auf Augenhöhe beizubringen. Ich nenne solche Leute auch gerne elitäre Linke, die sich zwar an alternativen Kleidungsstilen bedienen und schlaue Worte sagen, im Endeffekt aber weniger verstehen, worum es eigentlich geht. Linke Ansichten werden da hauptsächlich zur Aufwertung des eigenen Images und weniger aus tatsächlichem Interesse geteilt. Zu aktivistischer Arbeit gehören Solidarität untereinander und vor allem Verständnis. Wir sind alle in einem System aufgewachsen, das sexistisch, rassistisch, homophob sowie kapitalistisch ist, dementsprechend sind unsere Denkmuster davon geprägt — wir müssen uns also gegenseitig dabei helfen, aufzuhören auf diese Weise zu denken. Und damit meine ich nicht, dass diskriminierte Personen als laufende Lexika benutzt werden sollen, sondern eben, dass man sich untereinander darauf aufmerksam macht, wenn man in solche Denkmuster fällt, anstatt sich dafür zu verurteilen. Denn das, was uns am meisten schützt, ist Zusammenhalt und eine Community, die eben auch so offen handelt, wie sie es vorgibt zu sein. Neben dem Wählen ist das die beste Form der Solidarität. Die Möglichkeit dazu wird jedoch immer kleiner, wenn es alternative Jugendzentren und andere Begegnungsstätten nicht mehr geben sollte. Und es wird sie nicht mehr geben, wenn eine Partei wie die AfD an Macht und Einfluss gewinnt. Deswegen, wählt links, wählt solidarisch und lasst euch nicht unterkriegen, der Kampf ist erst verloren, wenn wir aufhören, uns zu wehren.
Die Senatswahl 2023 der TU Chemnitz steht bevor. Damit ihr wisst wen ihr da überhaupt wählen könnt haben wir die einzelnen Listen gebeten sich vorzustellen und zeigen euch hier die Antworten.
Ihr wisst noch nicht worum es bei der kommenden Wahl geht? Hier haben wir euch eine Übersicht mit den zu wählenden Ämtern zusammengestellt.
1. Wahlvorschlag – TUCunited
1. Lehre und Studium an den aktuellen Standard anpassen: Mit der Gesetzesänderung im Frühjahr dieses Jahres hat der Gesetzgeber den sächsischen Hochschulen neue Möglichkeiten an die Hand gegeben. Aus unserer Sicht ist jetzt das Ziel, die Studienbedingungen an der TU Chemnitz durch eine Rahmenstudien- und -prüfungsordnung anzugleichen und dadurch auch die Studierbarkeit allgemein zu verbessern. Die Umsetzung soll partizipativ mit allen Verantwortlichen der Hochschule geschehen. Dabei sollen auch positive Erfahrungen aus den Digitalsemestern Einzug in reformierte Studiengänge finden.
2. Zielstrebige Umsetzung für eine nachhaltige Universität: Grundsätzlich hat sich sowohl das Rektorat als auch der Senat schon auf den Weg gemacht, die Universität nachhaltiger zu gestalten. Dennoch müssen diese Bemühungen konsequent umgesetzt werden. Klimaschutz muss einer der zentralen Entscheidungskriterien aller Gremien werden, insbesondere im Senat.
3. Bunte und offene Hochschule – klare Kante gegen Rassismus und Diskriminierung: Rassismus und Diskriminierung dürfen an unserer Hochschule keinen Platz haben. Dies gilt auch auch insbesondere für Gremienbesetzungen, die durch den Senat durchgeführt werden. Hier werden wir jede_n Kandidat_in genau unter die Lupe nehmen und uns gegen Personen stellen, deren Positionen unsere offene und von Akzeptanz geprägte Universität bedrohen. Wir sind bunt und das muss auch so bleiben, dafür stehen wir als studentische Vertretung im Senat. Diskriminierung ist keine Meinung!
Das sind die Kandidat*innen für den Senat: Daniel Poguntke: An meiner Universität möchte ich gerne studieren und auch Kultur genießen. Genau ein solcher Ort soll die Universität für alle sein. Die Kulturhauptstadt ist eine hervorragende Möglichkeit für die Universität, ihr buntes und diverses Profil zu zeigen. Außerdem soll die Universität die Akkreditierung ihrer Studiengänge weiter konsequent verfolgen, um u. a. eine angemessene Prüfungslast zu erreichen. So ist auch mehr Zeit für eine lebhafte Campuskultur 😉
Marius Hirschfeld: Der Senat hat leider nur noch wenig Einfluss auf die Gestaltung eines konkreten Studiengangs. Umso wichtiger ist es, dass wir in der neuen Rahmenstudien- und -prüfungsordnung studifreundliche Regelungen durchsetzen, die dann auch für alle gelten. Das sehe ich als unsere größte Aufgabe an. Außerdem werde ich wieder einen genauen Blick auf alle Personen werfen, die vom Senat in diverse Gremien gesetzt werden. Dabei stelle ich mich gegen Personen, die nicht für eine bunte und offene Hochschule stehen.
***English Version*** 1. Adapt teaching and study programmes to current standards: With the amendment to the law in the spring of this year, the legislator has given the Saxon universities new possibilities. From our point of view, the aim now is to harmonize the study conditions at Chemnitz University of Technology by means of framework study and examination regulations, thereby also improving studyability in general. The implementation should be carried out in a participatory manner with all those responsible at the university. Positive experiences from the digital semesters should also be incorporated into reformed degree programs.
2. Purposeful implementation for a sustainable university: In principle, both the Rectorate and the Senate have already set out to make the university more sustainable. Nevertheless, these efforts must be implemented consistently. Climate protection must become one of the central decision-making criteria for all committees, especially in the Senate.
3. Colorful and open university – Clear edge against racism and discrimination: Racism and discrimination must have no place at our university. This especially applies to the appointment of committees by the Senate. Here we will scrutinize every candidate and take a stand against persons whose positions threaten our open and accepting university. We are colorful and we must remain that way, that is what we stand for as student representatives in the Senate. Discrimination is not an opinion!
These are the candidates for the Senate: Daniel Poguntke: I would like to study and also enjoy culture at my university. The university should be such a place for everyone. The Capital of Culture is an excellent opportunity for the university to showcase its colorful and diverse profile. In addition, the university should continue to consistently pursue the accreditation of its degree programs in order to achieve an appropriate exam load, among other things. This also leaves more time for a lively campus culture 😉
Marius Hirschfeld: Unfortunately, the Senate has little influence on the design of a specific degree program. This makes it all the more important that we enforce study-friendly regulations in the new framework study and exam regulations, which then also apply to everyone. I see this as our biggest task. I will also take another close look at all the people who are appointed to various committees by the Senate. In doing so, I will oppose people who do not stand for a diverse and open university.
2. Wahlvorschlag – Die beste Liste
Liebe Mitstudierende,
wir kandidieren als studentische Vertreter für den Senat der TU Chemnitz, weil wir eure Interessen gegenüber der Uni optimal vertreten wollen. Als Studierende haben wir eine einzigartige Perspektive auf die Herausforderungen und Chancen, denen wir an unserer Universität gegenüberstehen.
Das ist uns besonders wichtig:
1. Digitalisierung:
Um die in der Pandemie gewonnenen digitalen Strukturen auch weiterhin ideal nutzen zu können, ist die Bereitstellung von entsprechender Hardware für Prüfungen, Vorlesungen, Seminare, Meetings und Gruppenarbeiten essentiell. Darüber hinaus setzen wir uns für die Beschaffung von Lizenzen für studienrelevante Software ein, um ein optimales akademisches Arbeiten zu ermöglichen.
2. Studentisches Engagement stärken:
Da die Uni vom studentischen Engagement lebt, ist es unser Bestreben dieses Ehrenamt durch mehr Wertschätzung stärker zu honorieren und euch somit für die Gremienarbeit an der Hochschule (für eure Interessen), ob in StuRa, FSRä, Kommissionen aller Art, etc., zu gewinnen.
3. Transparenz und Kommunikation:
Wir streben eine transparente Kommunikation im Senat auf Augenhöhe an, um euren Interessen im Gremium Gehör zu verschaffen.
4. Studienbedingungen verbessern:
Es ist uns wichtig, dass die Studienbedingungen an der TU Chemnitz den höchsten Qualitätsstandards entsprechen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Infrastruktur und die digitalen Ressourcen ständig verbessert werden.
5. Vielfalt und Inklusion:
Jeder sollte die Möglichkeit haben, an unserer Universität erfolgreich studieren zu können. Wir werden uns für eine diversitätsbewusste Hochschule einsetzen, die allen Studierenden Chancengleichheit bietet, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, sozialem Hintergrund oder weiteren Merkmalen.
***English Version***
Dear fellow students, We are running as student representatives for the TU Chemnitz Senate because we want to represent your interests towards the university in the best possible way. As students, we have a unique perspective on the challenges and opportunities we face at our university. This is particularly important to us:
1. Digitalization: In order to be able to continue to make ideal use of the digital structures gained during the pandemic, the provision of appropriate hardware for exams, lectures, seminars, meetings and group work is essential. In addition, we are committed to obtaining licenses for study-related software to enable optimal academic work.
2. Strengthen Student Engagement: Since the university thrives on student engagement, it is our ambition to honor this honorary office more strongly through greater appreciation and thus to win you over for committee work at the university (for your interests), whether in StuRa, FSR, commissions of all kinds, etc.
3. Transparency and Communication: We strive for transparent communication in the Senate at eye level in order to make your interests heard in the committee.
4. Improve Study Conditions: It is important to us that the study conditions at Chemnitz University of Technology meet the highest quality standards. We will work to ensure that the infrastructure and digital resources are constantly improved.
5. Diversity and Inclusion: Everyone should have the opportunity to study successfully at our university. We will advocate for a diversity-conscious university that offers equal opportunities to all students, regardless of gender, origin, social background or other characteristics.
3. Wahlvorschlag – VWI
Wir sind Marc Preße und Arne Strobel, wir studieren beide im Bachelor Wirtschaftsingenieurwesen an der TU Chemnitz und sind Vorstände in der Hochschulgruppe Chemnitz des Verbandes deutscher Wirtschaftsingenieure e.V. und treten für euch zur Wahl an.
Wir stehen für eine nachhaltige und vielseitige TU Chemnitz mit vielen motivierten und zufriedenen Studierenden und brauchen dafür eure Unterstützung.
Zu einem lebenswerten Campus gehören aus unserer Sicht ansprechende und gut ausgestattete Lernräume, individuelle Rückzugsorte an allen Uniteilen für alle Studierenden. Diese räumlichen Bedingungen sind aus unserer Sicht Grundvoraussetzung, um optimal lernen und den stressigen Unialltag produktiv gestalten zu können. Neben Lernräume zur individuellen Nutzung, gilt es auch für die Arbeit in Lerngruppen Voraussetzungen zu schaffen.
Da uns eine bessere Semesterplanung für euch wichtig erscheint, setzen wir uns außerdem für die Veröffentlichung der Prüfungspläne zu Semesterbeginn ein.
Um fallenden Studierendenzahlen entgegenzuwirken, sehen wir eine gelungenere Außendarstellung unserer ausgezeichneten Universität als grundlegend an. Es ist wichtig das Potential der Kulturhauptstadt Europas 2025 zu nutzen, einerseits um die Bedeutung der Universität für die Stadt Chemnitz darzustellen aber auch andererseits, um das studentische Leben in der Stadt attraktiver, bunter und lebendiger zu machen.
Eine offene Kommunikation ist für uns Arbeitsgrundlage. Wir möchten euren Anliegen, Problemen, Wünschen und Ideen Gehör verschaffen, diese aufgreifen, voranbringen und Lösungsansätze finden.
Wir würden uns geehrt fühlen, euch eine starke Stimme im Senat, dem höchsten Gremium unserer Universität, geben zu dürfen. Wir würden uns freuen, euch im Senat vertreten zu dürfen.
Dafür benötigen wir eure zahlreiche Unterstützung.
***English Version***
We are Marc Preße and Arne Strobel, we are both studying Industrial Engineering and Management at TU Chemnitz and are board members of the Chemnitz University Group of the Association of German Industrial Engineers and are up for election on your behalf.
We stand for a sustainable and diverse TU Chemnitz with many motivated and satisfied students and need your support to achieve this.
In our view, a campus worth living on includes attractive and well-equipped learning spaces and individual retreats in all parts of the university for all students. In our view, these spatial conditions are a basic prerequisite for optimal learning and being able to manage the stressful everyday university life productively. In addition to study rooms for individual use, it is also important to create conditions for working in study groups.
As we believe that better semester planning is important for you, we are also committed to publishing examination schedules at the start of the semester.
In order to counteract falling student numbers, we consider a more successful external presentation of our excellent university to be fundamental. It is important to use the potential of the European Capital of Culture 2025 to showcase the importance of the university for the city of Chemnitz, but also to make student life in the city more attractive, colorful and lively.
Open communication is the basis of our work. We want to make your concerns, problems, wishes and ideas heard, take them up, promote them and find solutions.
We would be honored to give you a strong voice in the Senate, the highest body of our university. We would be delighted to represent you in the Senate. For this we need your numerous support.
Neue Sachen auszuprobieren ist wichtig für die persönliche Entwicklung und weil ich gerne meine Erlebnisse teile wurde daraus ein herzlich, ironischer Text aus dem man nie herauslesen könnte, dass ich nicht weiß wovon ich rede. Es geht um Basketball und den Spirit des wahrscheinlich coolsten Ballsports der Welt.
Der zweite Teil der Artikelreihe thematisiert die gegenwärtigen Entwicklungen und Herausforderungen des Brühls. Was berichten die Unternehmer:innen? Inwiefern wurden die Pläne der Stadt Chemnitz und der Technischen Universität das Brühl-Gebiet zu „restaurieren“ umgesetzt. Kann man von einer Gentrifizierung sprechen? Wir präsentieren euch verschiedene Einblicke und Perspektiven.
Für Chemnitz geht das Jahr 2020 vorüber, der Titel der Kulturhauptstadt 2025 bleibt. Doch mit der Umsetzung geht es erst jetzt so richtig los. Unsere Autorin Linda hat mit Lucia Schaub vom Team Chemnitz 2025 telefoniert und sich erzählen lassen, wie es nun weiter geht.
In Chemnitz muss man genauer hingucken, um die Diversität der Stadt kennenzulernen, das ist vielen bereits bekannt. Ein Stück Kulturszene in der oftmals verrufenen Industriestadt offenbart der Stadtteil Brühl. Das Viertel symbolisiert das erneute Aufblühen der Stadt. Der Brühl-Boulevard, einst eine florierende Einkaufsstraße, dann dem Verfall verurteilt, wurde in den letzten Jahren erneut in seiner Urbanisierung gestärkt. Auf diesem Wege eröffneten einige junge UnternehmerInnen individuelle Läden. Zudem soll der Umbau der Alten Aktienspinnerei in die Zentralbibliothek der Technischen Universität Studierende in das Stadtviertel locken . Die Bibliothek wurde im Oktober eröffnet. Grund genug dieses Stadtviertel mit seiner Geschichte, gegenwärtigen Entwicklung und seinen zukünftigen Plänen einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
„Uns war schon wichtig zu sagen, dass wir auch kraftvoll rüberkommen können, anderseits sollte sich aber auch diese empathische Softness in unserem Namen widerspiegeln“
In ihrem ersten Interview reden Anja (Bass, Gesang), Maria (Gitarre, Gesang), Svenja (Gitarre, Gesang) und Nino (Schlagzeug) von der Band Power Plush über ihren Werdegang, welche Rolle die Stadt Chemnitz für sie spielt und wie sie sich künstlerisch in der Pandemie zurechtfinden.
1989 fiel die Mauer. Endlich konnte man den Westen aus nächster Nähe sehen – das verschlossene Land, in dem die Möglichkeiten endlos schienen. Einer der Gründe für den Fall der Mauer und somit auch des deutschen Ostens war sein ökonomischer Zusammenbruch, welcher aus der problematischen Wirtschaftspolitik der ehemaligen DDR resultierte. Die Union mit dem Westen setzte auch eine Wirtschaftsunion nach den Grundsätzen der Sozialen Marktwirtschaft voraus. Das bedeutete vor allem, die Volkseigenen Betriebe (VEB), welche ab 1948 im Rahmen der Enteignung und Verstaatlichung von Unternehmen entstanden, zu privatisieren oder stillzulegen. Eigens für diese Aufgabe wurde die sogenannte Treuhandanstalt oder auch kurz Treuhand gegründet. Die Ziele der Anstalt waren groß. So sollte diese nicht nur möglichst ertragsorientiert hohe Privatisierungserlöse erzielen, sondern auch gemeinwohlorientiert möglichst viele Arbeitsplätze erhalten. Die Realität sah anders aus: Fördermittel wurden missbraucht und es kam zu Fällen von Wirtschaftskriminalität. Menschen verloren nicht nur ihre Arbeit sondern ganze Existenzen gingen zugrunde – Familien brachen infolge dessen auseinander. Der Mauerfall hinterließ das Land weiterhin für viele Jahre gespalten.
Viele Familien, die ihren Ursprung in den „neuen Bundesländern“ haben, verbindet die überwiegend schmerzliche Erinnerung an das gesellschaftliche Großthema „Treuhand“. Dieser bislang wenig betrachteten Thematik nimmt sich dieses Jahr die POCHEN Biennale in Chemnitz an und will in Zusammenarbeit mit dem Museum für Werte aus Berlin der Frage „Wie schreiben sich tiefgreifende Transformationsprozesse in die Gesellschaft ein?“ nachgehen, sowie individuelle Lebensgeschichten und Anekdoten präsentieren. Mithilfe der multimedialen Kunst als Sprachform für lokale Geschichten und Schicksale sollen Räume zur Reflexion sowie Dialoge und Diskurse entstehen. So können ohne Worte intensive persönliche Erfahrungen und Emotionen durch Kunst für die BesucherInnen erlebbar gemacht werden. In der Ausstellung wird besonders die Wirkungsgeschichte der Treuhand in der Gegenwart und Zukunft betrachtet. Dabei wird sich in den Werken viel mit Sprache auseinandergesetzt: Terminologien – Sätze, Sprüche und Kampagnen – die sich in die Köpfe der BürgerInnen eingebrannt haben, sind beispielsweise Teil der Arbeit Liquidieren von Ute Richter, welche Synonyme für das Verb „liquidieren“ auflistet. Außerdem findet man viele (absurde) Maschinen in der Ausstellung, die symbolisch für die Geschichten der verloren gegangenen Werkstätten der Betriebe und Unternehmen stehen. In 21 Druckgrafiken des Werkes Faustpfad, Treuhand und die unsichtbare Hand stellt Andreas Siekmann den historischen Ablauf der Jahre 1990 bis 1994 in Piktogrammen dar und bringt so Aspekte von ökonomischen Prozessen ins Bild, die zu komplex sind, als dass die betroffenen BürgerInnen sie hätten verstehen können und somit im Dunkeln gelassen wurden. In mehreren freien Arbeiten wird deutlich, dass Veränderungsprozesse die Gesellschaft bis heute begleiten und das Leben gestalten. Sie zeigen auch, dass diese Prozesse nicht nur lokal gebunden sind, sondern auch Andere betreffen, weshalb die Ausstellung auch durch KünstlerInnen aus Griechenland, Russland, Slowenien und Italien in einen internationalen Kontext gesetzt wird.
Ein weiterer Teil erzählt Geschichten aus der Region. Lokale Personen wurden eingebunden und eine Reflexionsfläche geboten, aber auch ein Diskussionspodium.
Ich bin mir sicher, dass viele beim Lesen des Titels eher wenig Bezugspunkte zu sich und zu ihrem unmittelbaren Umfeld gesehen haben. Ich bin mir auch sicher, dass sich dieses Gefühl innerhalb der weiteren Zeilen verstärkt hat. Daher möchte nicht nur ich, sondern auch das Team der POCHEN Biennale, zeigen, dass das geschichtliche Überthema Treuhand auch für die junge Generation wichtig bleibt und in Zukunft Bedeutung finden wird: Sabine Maria Schmidt, Kuratorin der Ausstellung, ist der Meinung, dass es überhaupt erstmal wichtig ist „Ausstellungen zu besuchen, um wahrzunehmen, was in einer Stadt gemacht wird“. Auch Ökonomie und Ökologie sind wichtige Themen für die Zukunft und werden oft von anderen Themen überlagert, sagt sie. Benjamin Gruner, der die Leitung der POCHEN Biennale übernimmt, sieht die Auseinandersetzung mit der Treuhandanstalt als „Reflexionsmoment, warum der Lebensraum so ist wie er ist“. Denn die junge Generation erlebt Ostdeutschland anders als Westdeutschland und umgekehrt. Veränderungen und Transformationen sind Prozesse, die immer am Laufen sind. Auch jetzt während der Corona-Pandemie. Man sollte diese Phasen des Umbruchs als Gestaltungsprozess wahrnehmen und als Chance sehen, mit mehr Selbstbewusstsein Wünsche und Forderungen zu formulieren und zu kommunizieren, was für einen lebenswerten Raum gebraucht wird. Kurator Olaf Bender erinnerte sich an seine Jugend, als der Zweite Weltkrieg aufgearbeitet wurde und erst heute verstanden hat, dass unter der Oberfläche ganz andere Aspekte eine Rolle spielen: Es geht um die Vermittlung ganz bestimmter Erfahrungen. Denn „wenn man sich nicht zu Wort meldet und einfordert, was man möchte, dann wird einem unterm Arsch alles weggeklaut.“ Die Ausstellung soll dazu ermutigen, unsere Stimmen zu ergreifen, denn wenn wir das nicht tun, tun es andere und verkaufen es als unsere Meinung. Jan Stassen vom Museum für Werte musste feststellen, dass „der Schmerz größer ist, als man denkt“. Darüber zu sprechen ist wichtig, denn viele Identitäten leben heute unter uns und tragen diesen Schmerz mit sich.
Also: sprecht mit euren Familien über ihre Vergangenheit, denn nur so kann ein Verständnis für ihr Schicksal und das eurer Familie gewonnen werden. Und wenn ihr vielleicht aus dem Westen kommt, hoffe ich, dass ihr einen Anreiz gefunden habt euch die Geschichte der Region, in der ihr lebt, kennenzulernen.
Bis Sonntag, 1. November 2020, könnt ihr noch die Ausstellung im Wirkbau besuchen und euch mithilfe multimedialer Kunst auf eine Reise in die Vergangenheit, durch die Gegenwart und in die Zukunft begeben.
Manchmal hat man was vergessen. Manchmal ist es spontan. Manchmal hat man einfach Bock. Meistens ist es zu spät. Wenn die Läden zu haben und man doch noch was braucht, ist ein Spätverkauf der Retter in der Not. Bei Heißhunger in der Nacht, einer Zahnbürste für spontanen Besuch und trockener Kehle auf dem Heimweg. In den meisten Großstädten kein Problem, aber in Chemnitz? Das Sächsische Ladenöffnungsgesetz* macht uns einen Strich durch die Rechnung und nachdem der Döner-Drive-In als traditionelle letzte Einkehr einer Baustelle weichen musste, sieht es nun besonders finster aus.
Das haben auch Anna und Karin festgestellt. Beide studieren seit einem Jahr IKK im Master an der TU Chemnitz und wollten das nicht so stehen lassen. Durch Rumfragen und einen glücklichen Zufall sind sie an die Räumlichkeit an der Jakobstraße 42/Ecke Zietenstraße geraten. Einige kennen den Laden bereits als „Späti“. Dieser entstand vor etwa zwei Jahren im Rahmen der Dialogfelder als ortsspezifische Installation unter dem Namen „Kiosk“. Johannes Specks und Marie Donike wollten den Chemnitzerinnen und Chemnitzern für eine Woche einen Ort schenken, an dem Menschen sich begegnen und ins Gespräch kommen – zwischen Bockwurst, Bier und Süßwaren.
Diese Vision greifen Anna und Karin auf. Angeschlossen an den Klub Solitaer e.V. wollen sie ihrem Geschäft einen gemeinnützigen Rahmen geben, denn ein Späti ist mehr als nur ein Ort für sofortigen Bedarf. Er soll auf niederschwellige Weise zum Verweilen und Vermischen verschiedenster Menschen einladen. Außerdem soll die Räumlichkeit auch für Veranstaltungen genutzt werden können. Weiterhin soll das Sortiment partizipativ gestaltet werden: auf Tapeten und über Einwurfboxen können Wünsche geäußert werden, was im Späti verkauft werden soll. So kann jeder in in die Entwicklung des Ladens einbezogen werden.
Zum Glück soll Annas und Karins Laden (der übrigens richtig der „Späti“ heißt) dauerhaft geöffnet sein. Vorerst Sonntag und Montag, damit auch an diesen Tagen etwas auf dem Sonnenberg los ist, in Zukunft auch an weiteren Tagen, wenn sich noch weitere Späti-Begeisterte finden, die das Geschäft unterstützen wollen. Die wichtigste Frage aber: Auch in der Nacht? Bis Mitternacht ist immer jemand vor Ort, danach sind die beiden über das Spätiphon (015735428699) erreichbar und können Auskunft geben, ob danach noch verkauft wird. Mit dem sogenannten „Dampfnudel-Trick“, wie Karin ihn genannt hat, kann man das Sächsische Ladenöffnungsgesetz geschickt umgehen, denn es gibt immer ein Gericht – damit ist der „Späti“ auch ein Imbiss und darf länger verkaufen.
*(Öffnungszeiten für Läden gelten von Montag bis Freitag 6 bis 22 Uhr)